IPA - Home > Abfallsteckbrief - 1902 Chemisch-physikalische Behandlung von organisch belasteten Abfällen, Stand 03.03.2009

Herkunft und charakteristische Zusammensetzung

 

 

Herkunft

Chemisch-physikalische Behandlung organisch belasteter Abfallflüssigkeiten

In der organischen Linie einer chemisch-physikalischen Behandlungsanlage (CPB) werden flüssige Abfälle und Dünnschlämme entsprechend ihrer Inhaltsstoffe behandelt, z. B.
  • ölhaltige Flüssigkeiten und Schlämme von Bohrungen (0105),
  • Öl-Wasser-Gemische und Emulsionen aus der Metallverarbeitung (1101, 1201, 1203),
  • Inhalte von Öl-/Wasserabscheidern (1305),
  • Öl-Wasser-Gemische aus Abwasserbehandlungsanlagen (1908),
  • ölhaltige flüssige Abfälle aus der Sanierung bzw. Behandlung von Grundwasser und Böden (1913).
Die CPB werden innerbetrieblich im Zusammenhang mit der Produktion oder extern zur Behandlung von Fremdabfällen betrieben. Aufgrund der vielfältigen Anwendungsmöglichkeiten weisen die Rückstände eine sehr unterschiedliche Zusammensetzung mit einer großen Bandbreite an teilweise gefährlichen Stoffen auf. Für die Beurteilung der Umweltrelevanz der Rückstände ist daher der Einzelfall zu betrachten, insbesondere das Annahmeprofil bzw. die Annahmebedingungen der Anlage sowie deren technische Ausstattung und Betriebsweise.

Ziel der chemisch-physikalischen Behandlung von flüssigen organisch belasteten Abfällen ist
  • die Separierung der organischen Phase von der Wasserphase,
  • die problemlose Ableitung der gereinigten Abwasserphase und
  • die umweltverträgliche Entsorgung der anfallenden Rückstände.
Die technischen Ausstattungen von CPB sowie deren technische Niveaus sind sehr unterschiedlich und primär auf die zu behandelnden Abfälle abgestimmt. Anlagen zur Behandlung von Öl-Wassergemischen und Abscheiderinhalten sind zumeist einfach aufgebaut und ermöglichen nur eine mechanische Trennung der Phasen Öl, ölhaltiger Schlamm und Wasser. Anlagen zur Behandlung von Emulsionen aus der metallverarbeitenden Industrie sind hingegen komplex und mehrstufig aufgebaut. In der Regel lassen sich die Anlagen in folgende Bereiche gliedern:
  • Eingangskontrolle und Zuordnung der Flüssigkeiten zum Behandlungsstrang,
  • mechanische Drei-Phasen-Trennung bei Öl-Wasser-Schlamm-Gemischen (Sedimentation),
  • mechanische Abtrennung von Grobstoffen (Rechen, Filter, Siebe),
  • Abtrennung von freiem Öl (Koagulation, Flotation),
  • chemische Behandlung der emulgierten Phase (Spaltung, Fällung, Flockung) oder physikalische Behandlung (Verdampfer, Membranfiltration),
  • Endkontrolle und Ableitung.
Anlagen zur Behandlung organischer Abfälle aus der metallverarbeitenden Industrie können zudem toxische Anionen entgiften, z. B. Nitrit. Das Abwasser wird daher vielfach in einer zusätzlichen Stufe nachbehandelt, um umweltrelevante Schadstoffe geringer Konzentration zurückzuhalten.

Vom gewählten Verfahren ist zudem abhängig, ob der Betrieb der CPB chargenweise oder kontinuierlich erfolgt.

Schlämme aus der CPB 190205*/06

Die organisch belasteten Schlämme 190205*/06 können in zwei unterschiedlichen Behandlungsstufen entstehen:
  • bei der mechanischen Drei-Phasen-Trennung von Öl-Wasser-Schlamm-Gemischen und ölhaltigen Schlämmen, die keine sonstigen behandlungsstörenden Schadstoffe aufweisen,
  • bei der chemischen Behandlung feindispergierter Öle und Emulsionen mittels Spaltung, Fällung und Flockung.
Bei der Drei-Phasen-Trennung werden die Feststoffe mit einfachen Sedimentations- oder Filtrationsverfahren abgetrennt. Feststoffart, Körnung, Oberflächenbeschaffenheit und Ölgehalt sind vom Ausgangsmaterial abhängig. Der Wassergehalt sedimentierter Dünnschlämme ist körnungsabhängig und kann bis zu 80 % betragen. Nach Entwässerung mittels Kammerfilterpresse oder Fliehkrafttrennung beträgt der Wassergehalt ca. 60 - 70 %. Die Schadstoffbelastung ist primär organischer Natur (Öle, Fette) und beträgt bei gröberem Material, vergleichbar den Sandfangrückständen, ca. 1 bis 5 %. Feineres, schluffiges Material kann hingegen Öl- und Fettgehalte von bis zu 30 % aufweisen. Neben der Körnung können Additive, Emulgierungsgrad und Behandlungsverfahren, z. B. Einblasung von Luft, bestimmend für den Gehalt anhaftender organischer Schadstoffe sein.

Die zweite Quelle für organisch belastete Schlämme 190205*/06 ist die chemische Behandlungsstufe. In ihr werden die mechanisch/physikalisch nicht abtrennbaren organischen Bestandteile, in der Regel Emulsionen, abgespalten. Man unterscheidet die anorganischen Spaltmittel, z. B. Eisen-III-chlorid oder Aluminiumchlorid in Verbindung mit Kalkmilch, und die organischen Spaltmittel, z. B. kationische Polymere. Bei der anorganischen Spaltung erfolgt eine spaltmittelabhängige pH-Wert-Einstellung, Fällung und Flockung, wobei relativ große Mengen ölverunreinigter Hydroxidschlämme anfallen. Bei der organischen Spaltung kommt es nur dann zur Bildung abtrennbarer Flocken aus Ölen/Fetten und Schmutzteilchen, wenn eine Suspension vorliegt. Bei der Spaltung von Emulsionen mit organischen Spaltmitteln schwimmt die Ölphase hingegen auf (siehe flüssige brennbare Abfälle 190208*).

Die bei der Fällung entstehenden Niederschläge sedimentieren zu einem Dünnschlamm mit ca. 3 - 5 % Feststoffgehalt. Bei der anschließenden mechanischen Entwässerung, z. B. mit einer Kammerfilterpresse, entsteht ein stichfester Schlamm mit ca. 30 - 40 % Trockensubstanz (TS) und einem Öl-/Fettgehalt von bis zu 50 %. Die Zusammensetzung des Schlamms wird im Wesentlichen durch die Art und Zusammensetzung des Ausgangsmaterials sowie die Art und Weise des Fällungsprozesses bestimmt.

Öl und Konzentrate aus Abtrennprozessen 190207*

Abfälle der Abfallart 190207* entstehen zum einen bei der Abtrennung nicht emulgierter und nicht gelöster Öle und Fette von der wässrigen Phase. Dabei wird der Dichteunterschied zwischen den beiden Medien genutzt, zumeist unterstützt durch Koagulation oder Flotation. Die aufschwimmende öl- bzw. fetthaltige Phase kann - je nach Ausgangsmaterial - weitere organische Verunreinigungen, z. B. Lösemittel, oder anorganische Verunreinigungen, z. B. feindisperse Metallanteile, enthalten. Der Öl- bzw. Fettgehalt liegt allgemein über 90 %.

Die zweite Quelle für die Abfallart 190207* ist die Abtrennung der organischen Phase durch physikalische Verfahren, z. B. Membranverfahren (Ultrafiltration, Umkehrosmose), Eindampfung oder Elektrokoagulation. Die anfallenden Konzentrate haben einen Organikgehalt von bis zu 90 % und beinhalten bei Membranverfahren ggf. herkunftsbedingt Salze und Schwermetalle.

Flüssige brennbare Abfälle 190208*/10

Flüssige brennbare Abfälle der Abfallart 190208*/10 können in der chemischen Stufe bei der Spaltung von Emulsionen mit organischen Spaltmitteln, z. B. mit kationischen Polymeren, entstehen. Die aufschwimmende öl- bzw. fetthaltige Phase kann - je nach Ausgangsmaterial - organische Verunreinigungen, z. B. Lösemittel, oder anorganische Verunreinigungen, z. B. feindisperse Metallanteile, enthalten. Der Öl- bzw. Fettgehalt liegt allgemein bei ca. 30 %.

Feste brennbare Abfälle 190209*/10

Feste brennbare Abfälle 190209*/10 fallen in einer CPB bei der Behandlung flüssiger organischer Abfälle in der Regel nicht an. Teilweise werden die zu Beginn des Behandlungsprozesses mechanisch abgetrennten festen Stoffe diesem Abfallschlüssel zugeordnet. Dabei handelt es sich um ölverunreinigte, stückige Materialien unterschiedlichster Art, z. B. Putztücher, Verpackungsmaterialien und Werkzeuge.

Sonstige Abfälle 190211* (Adsorbermaterialien)

Falls erforderlich wird das nach der Filtration anfallende Abwasser in einem weiteren Schritt behandelt, um anorganische und organische Spurenverunreinigungen zurückzuhalten. Dabei kommen meistens Adsorptionsverfahren zur Anwendung, z. B. Aktivkohle oder Ionenaustauscher.

Anlagen mit Aktivkohle eignen sich insbesondere für gelöste Stoffe, die sich biologisch entweder sehr schwer oder gar nicht abbauen lassen. Sie bestehen zumeist aus einem zylindrischen Behälter, in dem das Abwasser eine Schicht gekörnter Aktivkohle (ca. 1 bis 3 mm Durchmesser) durchströmt. Die Aktivkohle reichert sich im Gebrauch mit den unerwünschten Wasserinhaltsstoffen an und muss nach einer bestimmten Zeit aus dem Filter entfernt und regeneriert oder entsorgt werden.

Die Ionenaustauscher sind ebenfalls Behälter, die überwiegend aus Stahl mit innerer Hartgummierung gefertigt sind. Im Behälter sind Drainagesysteme oder Düsenböden für den Ein- und Austritt der behandelten Flüssigkeit und der Regenerierlösungen eingebaut. In die Behälter werden Austauschharze eingefüllt. Die Harze weisen eine begrenzte Standzeit auf und müssen nach einigen Regenerationszyklen gegen neue ausgetauscht werden.

 

Charakteristische Zusammensetzung

Inhaltsstoffe Gehalte / Konzentrationen Erläuterungen
organische Schlämme aus der CPB 190205*/06
Originalsubstanz
Feststoffgehalt ca. 3 - 5 % Sedimentationsschlamm
Feststoffgehalt ca. 30 - 40 % Schlamm aus Kammerfilterpresse; i. d. R. stichfest
Feststoffgehalt > 70 % Thermisch getrockneter Schlamm; i. d. R. trocken, bröckelig
Gesamter organischer Kohlenstoffgehalt TOC < 30 % Mineralöle, pflanzliche Öle und Fette; Gehalt abhängig vom Verfahren
sonstige organische Schadstoffe Herkunfts- und verfahrensabhängig; z. B. organische Lösemittel und Additive
NE-Metalle i. d. R. < 3 % Art und Gehalt abhängig vom Ausgangsmaterial und der Betriebsweise; Bindungsform abhängig von der Behandlung, z. B. Hydroxide oder -sulfide
sonstige anorganische Stoffe Herkunfts- und verfahrensabhängig
Eluat
pH-Wert i. d. R. 8 - 9 Beeinflusst durch Verfahren bzw. Fällungsprozess
Abdampfrückstand i. d. R. < 5 g/l
Leitfähigkeit i. d. R. < 8.000 µS/cm
TOC In erster Linie verfahrensabhängig; bei reinen mechanischen Verfahren höher als bei Fällungsverfahren
NE-Metalle Einzelwerte i. d. R. < 1 mg/l Unterschiedliche Eluierbarkeit, abhängig vom Metall, Fällungsprozess und die den Fällungsprozess beeinflussenden Stoffe
Anionen Je nach Ausgangsmaterial und Betriebsweise, z. B. Cl, F, NO3, SO4
Kationen Je nach Ausgangsmaterial und Betriebsweise, z. B. NH4

 

Hinweis
Die Filterschlämme 190205*/06 weisen - je nach Ausgangsmaterial sowie technischem Verfahren und Betriebsweise der CPB - sehr unterschiedliche Zusammensetzungen auf. Eine direkte Vergleichbarkeit der Filterschlämme einzelner CPB ist daher nur begrenzt möglich und setzt genaue Kenntnis der jeweiligen Annahmebedingungen und des technischen Verfahrens voraus.

Eine wesentliche Aufgabe kommt der Eingangskontrolle zu, damit das anfallende Abwasser sowie die festen und flüssigen Rückstände entsprechend der rechtlichen Vorgaben abgeleitet bzw. entsorgt werden können.

 

Glossar
  Drei-Phasen-Trennung Auftrennung von Dispersionen aus drei Phasen (flüssig / flüssig / fest), z. B. Öl-Wasser-Schlamm-Gemischen in Leichtstoffphase (Öl), wässrige Phase und ölverunreinigte Schlammphase
  KoagulationZusammenballung von Teilchen und somit die Aufhebung von fein verteilten Zuständen
  FlotationTrennverfahren, bei dem mittels eingeblasener Luft die in der Flüssigkeit dispergierten Partikel an den Gasblasen anhaften und aufsteigen, um eine abtrennbare Schwimmschicht zu bilden.
  Spaltunghier Emulsionsspaltung: Auftrennung einer Emulsion (z. B. ein disperses Öl-Wasser-Gemisch) in die einzelnen Phasen, z. B. über Ultrafiltration, Adsorption, Vakuumverdampfung oder mittels Chemikalien
  FällungÜberführung löslicher Verbindungen durch Zugabe eines Fällungsmittels in unlösliche Fällungsprodukte (Niederschlag), z. B. Metallhydroxide oder -sulfide, die physikalisch mittels Sedimentation oder Filtration von der Flüssigkeit abgetrennt werden können
  FlockungVerfahren zur Fest-Flüssig-Trennung durch Zugabe eines Flockungsmittels, wobei sich die entstehenden Flocken entweder absetzen (Sedimentation) oder abfiltrieren lassen
  Suspensionin der Chemie ein heterogenes Stoffgemisch aus einer Flüssigkeit und darin fein verteilten Feststoffpartikeln, die in der Flüssigkeit aufgeschlämmt und in der Schwebe gehalten werden
  FlockungshilfsmittelHilfsmittel zur Verstärkung oder Beschleunigung der Flockung zu größeren Flocken
  TOCtotal organic carbon (gesamter organisch gebundener Kohlenstoff), Gehalt an organischen Kohlenstoffverbindungen in einer Probe