IPA - Home > Abfallsteckbrief - 1605 Gase in Druckbehältern und gebrauchte Chemikalien - Chemikalien, Stand 28.09.2022

Herkunft und charakteristische Zusammensetzung

 

 

Herkunft

Allgemein

In vielen Bereichen in z. B. Krankenhäusern, Apotheken, Arztpraxen, Laboren, Schulen, Universitäten oder Unternehmen fallen Chemikalien in flüssiger oder fester Form bei Test-, Prüf-, Analysen- und Syntheseverfahren als Abfall an. Je nach Aufgabenstellung fallen diese Abfälle als verunreinigte Ausgangsmaterialien, gebrauchte Chemikalien oder Reaktions- bzw. Nebenprodukte an. Die Abfälle sind meist ein umfangreiches Gemisch, d. h. Art und Grad der Verunreinigung können sehr unterschiedlich sein. Die exakte Zusammensetzung der Abfälle, z. B. von Produktionsbetrieben, Handwerksunternehmen oder Laboren, ist nur im Einzelfall bekannt, wenn beispielsweise für wiederkehrende Arbeitsschritte die gleichen Chemikalien eingesetzt werden und hierdurch sehr ähnlich zusammengesetzte Abfälle anfallen.
Grob können Chemikalien bzw. chemische Inhaltsstoffe ihrer Gefährlichkeit nach in vier Gruppen unterteilt werden:
  • akut und/oder chronisch toxische Stoffe sowie CMR-Stoffe: z. B. Kaliumdichromat, Schwermetalle wie Blei oder Quecksilber,
  • feste oder flüssige ätzende Stoffe: z. B. Natriumperoxid, Chlordioxid, Ätznatron, Baukalk, Phosphorsäure, Salpetersäure, Natronlauge,
  • entzündliche und/oder explosive Chemikalien: z. B. Kohlenwasserstoffe, Lacke, Lösemittel, Öle,
  • umweltgefährdende Stoffe: z. B. Schwefeltrioxid, Trichlormethan, Schwermetalle wie Blei oder Quecksilber.

Eine detaillierte Beschreibung der Zusammensetzung ist in Laboren oder Prüfstellen meist nicht möglich. Nur in geringem Umfang fallen nicht verunreinigte Original-Chemikalien an, z. B. überlagerte oder nicht mehr einsatzfähige für Analysen bereitgestellte Mengen.

Auch Rückstellproben werden, sofern eine spezifischere und sachgerechtere Zuordnung nicht möglich ist, oftmals der Untergruppe 1605 zugeordnet.

160506* Laborchemikalien, die aus gefährlichen Stoffen bestehen oder solche enthalten, einschließlich Gemische von Laborchemikalien

Unter den Abfallschlüssel 160506* fallen reine, überlagerte oder für nicht durchgeführte Analytik bereitgestellte Laborchemikalien und deren Gemische wie z. B. Königswasser oder reine Mutterlaugen mit gefährlichen Eigenschaften.

Reine Laborchemikalien oder Gemische von reinen Stoffen fallen zumeist nur in kleineren Mengen an. Sind es Gefahrstoffe entsprechend der GefStoffV, werden sie dem Abfallschlüssel 160506* zugeordnet.

160507* gebrauchte anorganische Chemikalien, die aus gefährlichen Stoffen bestehen oder solche enthalten

Dem Abfallschlüssel 160507* sind anorganische Chemikalienabfälle mit gefährlichen Eigenschaften zuzuordnen. Diese Abfälle fallen nach chemischen Reaktionen/Synthesen an und enthalten Zwischenprodukte oder Reste des Endproduktes. Darunter fallen z. B. folgende Abfälle/Abfallgemische mit gefährlichen Eigenschaften:
  • anorganische Rückstände/Verbindungen
  • anorganische Salze mit Schwermetalle und deren Lösungen
  • anorganische Salze ohne Schwermetalle und deren Lösungen
  • verunreinigte anorganische Säuren und Laugen
  • saure und alkalische Salzlösungen, z. B. Natronlauge oder andere Hydroxide
  • Quecksilber und anorganische Quecksilbersalz-Rückstände.

160508* gebrauchte organische Chemikalien, die aus gefährlichen Stoffen bestehen oder solche enthalten

Dem Abfallschlüssel 160508* sind organische Chemikalienabfälle mit gefährlichen Eigenschaften zuzuordnen. Diese Abfälle fallen nach chemischen Reaktionen/Synthesen an und enthalten Zwischenprodukte oder Reste des Endproduktes. Darunter fallen z. B. folgende Abfälle/Abfallgemische mit gefährlichen Eigenschaften:
  • halogenfreie, organische Stoffe/Lösungen mit Wasser, z. B. halogenfreie Mutterlaugen
  • halogenfreie, organische Stoffe/Lösungen ohne Wasser, z. B. halogenfreie Mutterlaugen
  • halogenhaltige, organische Stoffe/Lösungen mit Wasser, z. B. halogenhaltige Mutterlaugen
  • halogenhaltige, organische Stoffe/Lösungen ohne Wasser, z. B. Acetylbromid oder Benzoylchlorid
  • organische Stoffe/Lösungen mit/ohne Wasser, z. B. Alkohole, Ketone, Ester, Ether, Kohlenwasserstoffe,
  • halogenhaltige und/oder halogenhaltige Lösemittel, wie Hexanlösung mit 1,2-Dibrom-1-pheylethan (für Bromierung von Styrol)
  • feste organische Rückstände,
  • organische Salze mit/ohne Schwermetalle und deren Lösungen,
  • organische Metallsalzabfälle sowie
  • organische Säuren und Basen sowie saure und alkalische Salzlösungen, z. B. Carbonsäuren oder Fettsäuren.

160509 gebrauchte Chemikalien mit Ausnahme derjenigen, die unter 160506, 160507 oder 160508 fallen

Hierunter fallen organische, anorganische und sonstige Chemikalienabfälle, die keine gefährlichen Eigenschaften aufweisen und somit nicht den vorstehenden Abfallschlüsseln 160506*, 160507* oder 160508* zugeordnet werden, z. B. Wachse, Kieselgur und Harze.

 

 

Gestapelte, gefüllte und für den Abtransport vorbereitete Abfallbehälter im Ladebereich des Lkw (Quelle: Fotos von GNS, 27.07.2022)

 

Charakteristische Zusammensetzung

Inhaltsstoffe Gehalte / Konzentrationen Erläuterungen
160506* Laborchemikalien, die aus gefährlichen Stoffen bestehen oder solche enthalten, einschließlich Gemische von Laborchemikalien
Laborchemikalien bis 100% reine Stoffe oder Stoffgemische aus reinen Stoffen mit gefährlichen Eigenschaften, z. B. Tensid-Rest wie Natriumlaurylsulfat, überlagerte Schwefelsäure, Aceton zum Reinigen, nicht für Aufschluss der Schwermetalle verwendetes Königswasser, Emulsionsöl oder abgelaufene Katalysatoren-Tabletten für Bestimmung des Totalen Kjehldahl Stickstoffs (TKN); Prüfung der relevanten Sicherheitsdatenblätter
160507* gebrauchte anorganische Chemikalien, die aus gefährlichen Stoffen bestehen oder solche enthalten
anorganische Säuren keine reinen Säuren oder -gemische, enthalten Zwischenprodukte oder Reste des Endproduktes, z. B. Salzsäure, Schwefelsäure, Salpetersäure, Phosphorsäure; Prüfung der relevanten Sicherheitsdatenblätter
anorganische Laugen keine reinen Laugen oder -gemische, enthalten Zwischenprodukte oder Reste des Endproduktes, z. B. Natronlauge, Kaliumhydroxid, Kaliumhypochlorit, Ammoniak, Kalkwasser mit Calciumhydroxid oder Calciumoxid; Prüfung der relevanten Sicherheitsdatenblätter
anorganische Schwermetallsalze keine reinen Schwermetallsalze oder -gemische, enthalten Zwischenprodukte oder Reste des Endproduktes, z. B. sulfidische Mineralsalze mit Kupfer, Zink, Eisen, Blei, Molybdän, Antimon oder Quecksilber; quecksilber-, cadmium- oder cyanidhaltige Abfälle werden ohne Ausnahme separat gesammelt; Prüfung relevanter Sicherheitsdatenblätter
anorganische Lösemittel keine reinen Lösemittel oder -gemische, enthalten Zwischenprodukte oder Reste des Endproduktes, z. B. flüssiger Ammoniak, Sulfonylchlorid, Thionylchlorid, flüssiger Fluorwasserstoff; Prüfung relevanter Sicherheitsdatenblätter
160508* gebrauchte organische Chemikalien, die aus gefährlichen Stoffen bestehen oder solche enthalten
organische Säuren keine reinen Säuren oder -gemische, enthalten Zwischenprodukte oder Reste des Endproduktes, z. B. Weinsäure, Essigsäure, Milchsäure, Zitronensäure, Ameisensäure; Prüfung relevanter Sicherheitsdatenblätter
organische Basen keine reinen Basen oder -gemische, enthalten Zwischenprodukte oder Reste des Endproduktes, z. B. Aminoalkohole wie Ethanolamin und Dimethylamin, Anilin, Piperidin, Pyridin, Pyrimidin, Histidin; Prüfung relevanter Sicherheitsdatenblätter
organische Schwermetallsalze keine reinen Schwermetallsalze oder -gemische, enthalten Zwischenprodukte oder Reste des Endproduktes, z. B. Cobalt(II)-acetat organische Metallkomplexe wie Ferrocen, Carboplatin oder EDTA mit Cu, Pb, Hg usw.; Prüfung relevanter Sicherheitsdatenblätter
organische Lösemittel keine reinen Lösemittel oder -gemische, enthalten Zwischenprodukte oder Reste des Endproduktes, Alkohole wie Methanol, Carbonsäureester wie Ethylacetat, Ether, Ketone wie Aceton, aromatische Kohlenwasserstoffe wie Toluol oder auch halogenierte, aliphatische Kohlenwasserstoffe; Prüfung relevanter Sicherheitsdatenblätter
160509 gebrauchte Chemikalien mit Ausnahme derjenigen, die unter 160506*, 160507* oder 160508* fallen
organische Chemikalien z. B. Cellulose, Glucose, Asparagin, Proteine oder natürliche Fette; Prüfung relevanter Sicherheitsdatenblätter
anorganische Chemikalien z. B. Natrium-, Kaliumchlorid, Magnesiumcarbonat oder Eisen(III)-oxid; Prüfung relevanter Sicherheitsdatenblätter

 

Hinweis
Allgemein sind die als Abfälle anfallenden Chemikalien von Laboren eine Mischung von sehr unterschiedlichen Stoffen, d. h. die chemischen Eigenschaften von angegebenen Einzelstoffen sind i. d. R. verändert. Eine Analyse von Leitparametern, z. B. pH-Wert; Chrom, POP oder Quecksilber, zur Einstufung der Gefährlichkeit sollte durchgeführt werden.

Bei anfallenden, überlagerten, zu entsorgenden originalverpackten Chemikalien, deren Zusammensetzung bzw. Eigenschaften durch Sicherheitsdatenblätter/Produktkennblätter bekannt ist, erfolgt eine Entsorgung ab 5 Liter (Kanistergröße) mit dem stoffspezifischen Abfallschlüssel entsprechend der Abfallverzeichnisverordnung. Kleinere Mengen werden unter dem Abfallschlüssel 160506* entsorgt.

 

Glossar
  POPpersistent organic pullutants (langlebige organische Schadstoffe), schwer abbaubare organische Verbindungen, die sich in der Umwelt anreichern, deren Herstellung und Verwendung im Rahmen der Stockholmer Konvention eingeschränkt oder verboten sind (POP-Verordnung)
  Laugenim engeren Sinne wässrige Lösungen von Alkalihydroxiden, z. B. von Natriumhydroxid (Natronlauge) oder Kaliumhydroxid (Kalilauge), im weiteren Sinne jede wässrige Lösung von Basen (pH > 7)
  Säurenim engeren Sinne alle Verbindungen, die mit Wasser saure Lösungen bilden, d. h. pH-Wert < 7, wobei reines Wasser einen pH-Wert = 7 besitzt (neutral)
  Mutterlaugenach Kristallisation einer chemischen Verbindung aus Lösungen zurückbleibende und durch Trennoperationen (z. B. Dekantieren, Filtrieren, Zentrifugieren) abgetrennte Flüssigkeit
  Natronlaugealkalische Lösungen von Natriumhydroxid (NaOH) in Wasser
  Fettsäurengesättigte oder ungesättigte aliphatische (nicht aromatische) Monocarbonsäuren mit langen, meist unverzweigten Kohlenwasserstoffketten
  Kieselgurhochporöse, leichte, mineralische Substanz, die hauptsächlich aus den Siliziumdioxid-Schalen fossiler Kieselalgen (Diatomeen) besteht und zumeist als feinkörniges Granulat oder Pulver eingesetzt wird, z. B. als Filtermedium für Wasser, Getränke, Öle oder als Füllstoff in Wärmedämmungen, Papier und Tabletten
  EDTAEthylendiamintetraacetat, ein Komplexbildner
  aromatische Kohlenwasserstoffeorganische Verbindungen mit mindestens einem Ring und einem speziellen Doppelbindungssystem, das die Aromaten reaktionsträger macht
  Basenim engeren Sinne alle Verbindungen, die mit Wasser basische Lösungen bilden, d. h. pH-Wert > 7, wobei reines Wasser einen pH-Wert = 7 besitzt (neutral)
  TKNTotal Kjeldahl Nitrogen (Gesamter Kjeldahl-Stickstoff), mithilfe der Stickstoffbestimmung nach Kjeldahl ermittelte Summe von organisch gebundenem Stickstoff und Ammonium-Stickstoff in einer Probe
  KönigswasserMischung von drei Teilen konzentrierter Salzsäure (HCl) und einem Teil konzentrierter Salpetersäure (HNO3)
  CMR-StoffeC –cancerogen, krebserzeugend; M – mutagen, erbgutverändernd; R – reproduktionstoxisch, fortpflanzungsgefährdend
  AcetonTrivialname für 2-Propanon, ein organisches Lösemittel und Ausgangsstoff für zahlreiche Synthesen, Flüssigkeit und Dampf leicht entzündbar
  CelluloseHauptbestandteil pflanzlicher Zellwände, ein Biomolekül, natürliches Polymer der Glucose (Polysaccharid, Vielfachzucker), ein Kohlenhydrat, für welches der Mensch keine Verdauungsenzyme besitzt
  Schwermetallenach gängiger Definition Metalle mit einer Dichte größer 5 g/cm3; einige sind für den Menschen in kleinen Dosen essentiell (sogenannte Spurenelemente wie Eisen, Kobalt, Kupfer, Nickel und Zink), aber viele sind in höheren Konzentrationen gesundheitsschädlich, giftig, karzinogen oder gewässergefährdend; gelangen sie ins Grundwasser, können sie über die Nahrungskette physiologische Schäden verursachen 
  LösemittelStoff (meistens eine Flüssigkeit), der Gase, andere Flüssigkeiten oder Feststoffe lösen kann, ohne dass es dabei zu chemischen Reaktionen zwischen gelösten Stoff und lösendem Stoff kommt, in der Regel werden Flüssigkeiten zum Lösen anderer Stoffe eingesetzt

 

Quellenverzeichnis
(Quellen, wenn nicht anders angegeben, in der aktuellen Fassung)
  EU - Europäische Union
  DE - Bundesrepublik Deutschland
  BW - Baden-Württemberg
  BY - Bayern
  HB - Bremen
  HE - Hessen
  NW - Nordrhein-Westfalen
  RP - Rheinland-Pfalz
  SN - Sachsen
  ST - Sachsen-Anhalt
  Informationsangebot des Ministeriums für Umwelt, Landwirtschaft und Energie Sachsen-Anhalt (MULE)