IPA > Abfallsteckbrief > 1611 Ofenauskleidungen und feuerfeste Materialien, Stand 14.09.2015

Herkunft und charakteristische Zusammensetzung

 

 

Herkunft

Allgemein

Bei Schmelz- und Verbrennungsprozessen treten hohe Temperaturen auf, die mit einer starken Wärmebelastung der Ofenkonstruktion verbunden sind. Darüber hinaus sind die Wände der Öfen und Brennkammern, je nach Prozess, auch chemischen Belastungen ausgesetzt, z. B. durch aggressive Chemikalien, Schlacken, Schmelzen, Stäube oder Gase. Mechanischer Verschleiß kann ebenfalls auftreten, z. B. beim Befüllen der Anlage mit Feststoffen. Zum Schutz der meist metallischen Konstruktionen wird der Ofen oder die Brennkammer mit feuerfesten Materialien ausgekleidet oder ausgemauert (Zustellung).

Bei den feuerfesten Materialien handelt es sich um anorganische, nicht metallische Materialien, die bei hohen Dauertemperaturen von über 800 °C den korrosiven und erodierenden Bedingungen des jeweiligen industriellen Prozesses standhalten. Die Grundstoffe der feuerfesten Produkte sind im Wesentlichen Kohlenstoff, Siliciumcarbid sowie keramische und mineralische Materialien, meist Silicate oder Oxide von Aluminium, Silicium, Magnesium, Zirkonium und Chrom. Je nach Anforderung werden feuerfeste Materialien mit sauren, basischen oder neutralen Eigenschaften genutzt, die sich nach verschiedenen Systematiken einteilen lassen, z. B. als Werkstoffe mit vorwiegendDie feuerfesten Materialien werden im Wesentlichen in folgenden Industrie-Bereichen eingesetzt:
  • Roheisen- und Stahlerzeugung
  • Nichteisenmetallerzeugung, insbesondere der Massenmetalle Aluminium, Blei, Kupfer und Zink
  • Eisen- und Nichteisen-Metallgießereien
  • Baustoffherstellung (Zement, Branntkalk, Gips)
  • Glas- und Keramikherstellung
  • Chemie, Petrochemie
  • Kokereien
  • Energiegewinnung
  • Thermische Abfallentsorgung
Abhängig vom jeweiligen Prozess wird die Ofenauskleidung regelmäßig von Anhaftungen befreit und, je nach Verschleiß, wiederkehrend erneuert. Bei diesen Reinigungs- und Wartungsprozessen der Öfen und Brennkammern fällt der so genannte Ofenausbruch als Abfall an.

Zu beachten ist, dass in der Praxis den Ofenausbrüchen oft andere Abfälle, z. B. Krätzen und Gießereischutt, zugemischt werden. Außerdem können Ofenausbrüche, die vor 1994 eingebaut wurden, Asbest enthalten.

161101* und 161102 Auskleidungen und feuerfeste Materialien auf Kohlenstoffbasis aus metallurgischen Prozessen

Abfälle dieser Art fallen insbesondere bei der Herstellung von Primäraluminium mittels Schmelzflusselektrolyse an. Das Elektrolysebad ist mit einer keramischen Schicht ausgekleidet, auf der sich wannenförmig die aus Kohlenstoff bestehende Kathode befindet, an der das Aluminium entsteht. Die Anode besteht ebenfalls aus Kohlenstoff. Bei der Wartung und Instandhaltung der Anlage entstehen Ofenausbrüche, die vor allem aus Kathodengraphit und Anteilen des feuerfesten Materials bestehen. Ofenausbrüche aus der Primäraluminiumerzeugung weisen prozessbedingt vergleichsweise hohe Fluoridgehalte auf und sind daher in der Regel dem gefährlichen Abfallschlüssel 161101* zuzuordnen.

Beim Schmelzen von sonstigen Nichteisenmetallen werden zum Teil Tiegel als Schmelz- und Transportgefäße eingesetzt, die mit Graphit oder Siliciumcarbid ausgekleidet sind. Die graphithaltigen Ausbrüche fallen ebenfalls unter den Abfallschlüssel 161101* bzw. 161102.

Der Hochofen zur Roheisenherstellung ist innen vollständig mit feuerfesten Materialien ausgekleidet, die sich jedoch abhängig von der Ofenzone und den jeweils dort geltenden Anforderungen unterscheiden. Im Einfüllbereich am oberen Schachtende ist die Temperatur relativ niedrig und die mechanische Beanspruchung groß. Hier werden Ofenauskleidungen z. B. aus Schamotte mit einem Korundanteil von ca. 30-40% eingesetzt. Im Bereich der Winddüsen und der Rast herrschen mit ca. 2000° C die höchsten Temperaturen im Hochofen, so dass hier die Auskleidung z. B. aus Kohlenstoffsteinen besteht. Ofenausbruch, der aus diesen Kohlenstoffsteinen besteht, wird in der Regel dem nicht gefährlichen Abfallschlüssel 161102 zugewiesen.

161103* und 161104 andere Auskleidungen und feuerfeste Materialien aus metallurgischen Prozessen

Die Schmelzöfen und Warmhalteeinrichtungen bei eisen- und nichteisenmetallurgischen Verfahren sind im Allgemeinen mit feuerfestem Material ausgekleidet, z. B. der Hochofen zur Roheisenherstellung (siehe oben), der Konverter zur Stahlherstellung, der Kupolofen zur Gusseisenherstellung, der Drehrohrofen zur Sekundäraluminiumherstellung oder der Tiegelofen sowie andere Öfen und Tiegel aus den verschiedenen Metallgießereien. Je nach Anforderung werden saure, basische oder neutrale Auskleidungen eingesetzt.

Der Ofenausbruch besteht aus dem Auskleidungsmaterial und ggf. anhaftenden Schlacken, Krätzen oder Metallen und Metalloxiden. Gegebenenfalls ist der Ausbruch mit Stoffen verunreinigt, die durch das Rohmaterial, z. B. in der Sekundärmetallurgie, eingetragen werden. Im Allgemein weisen diese Ofenausbrüche keine gefährlichen Eigenschaften auf, was im Einzelfall überprüft werden muss, insbesondere wenn Nichteisenmetalle, z. B. Blei und Nickel, verarbeitet werden.

161105* und 161106 Auskleidungen und feuerfeste Materialien aus nichtmetallurgischen Prozessen

Diese Abfälle entstehen im Wesentlichen in thermischen Kraftwerken, Abfallverbrennungsanlagen, in der Chemie, in Kokereien, bei der Herstellung von Baustoffen (Zement, Branntkalk und Gips) sowie bei der Herstellung von Glas- und Keramikerzeugnissen. Der Ofenausbruch stammt z. B. aus den dort eingesetzten Öfen und Brennräumen oder aus der Isolierung von Aggregaten zur Trocknung von Hilfs- und Einsatzstoffen.

Ofenausbrüche aus thermischen Kraftwerken sind in der Regel nicht gefährliche Abfälle. Ansonsten sind die Ofenausbrüche im Einzelfall zu betrachten und können sowohl der gefährlichen als auch der nicht gefährlichen Abfallart zugeordnet werden. Art und Gehalte an gefährlichen Anhaftungen sind im Wesentlichen bestimmt durch folgende Faktoren:
  • Verfahrenstechnik
  • thermisch behandelte Materialien, z. B. Abfall
  • mit dem Rohmaterial eingetragene Verunreinigungen, z. B. Glasur- und Pigmentrückstände

 

Charakteristische Zusammensetzung

Inhaltsstoffe Gehalte / Konzentrationen Erläuterungen
161101* Auskleidungen und feuerfeste Materialien auf Kohlenstoffbasis aus metallurgischen Prozessen, die gefährliche Stoffe enthalten 161102 Auskleidungen und feuerfeste Materialien auf Kohlenstoffbasis aus metallurgischen Prozessen mit Ausnahme derjenigen, die unter 161101 fallen
kohlenstoffhaltiges Grundmaterial, Graphit bis zu 98 %
andere Feuerfestmaterialien, z. B. Siliciumcarbid-Steine, Schamotte-Steine in schwankenden Anteilen, je nach Herkunft und Möglichkeit zur Abtrennung
sonstige Bestandteile, z. B. Metalle, Schlacken, Krätzen Anhaftungen aus dem jeweiligen technischen Prozess, deren Anteil im individuellen Abfall stark schwanken kann
161103* andere Auskleidungen und feuerfeste Materialien aus metallurgischen Prozessen, die gefährliche Stoffe enthalten 161104 Auskleidungen und feuerfeste Materialien aus metallurgischen Prozessen mit Ausnahme derjenigen, die unter 161103 fallen
mineralisches, keramisches Feuerfestmaterial
tonerdereiche Produkte:
Aluminiumoxid (Al2O3)
> 45%
Schamotte: Aluminiumoxid (Al2O3) 30 - 45%
saure Schamotte:
  • Aluminiumoxid (Al2O3)
  • Siliciumoxid (SiO2)
10 - 30 % bzw. bis zu 85%
Tondinas: Siliciumoxid (SiO2) 85 - 93%
Silica: Siliciumoxid (SiO2) > 93%
Magnesit: Magnesiumoxid (MgO) > 80%
Chromit:
  • Chromoxid (Cr2O3)
  • Magnesiumoxid (MgO)
mehr als 25% bzw. bis zu 25%
Magnesit-Chromit: Magnesiumoxid (MgO) 55 - 80%
Chromit-Magnesit: Magnesiumoxid (MgO) 25 - 55%
Forsterit: MgO * SiO2
Dolomit: CaO, MgO
Spinelle, z. B. MgO * Al2O3
Zirkon ZrSiO4
Zirkonoxid ZrO2
Carbide, z. B. SiC, B4C
Nitride, z. B. Si3N4 oder
Boride, z. B. TiB2
prozessbedingte Bestandteile
z. B. Metalle, Schlacken, Krätzen, Stäube Anhaftungen aus dem jeweiligen technischen Prozess, deren Anteil im individuellen Abfall stark schwanken kann
161105* Auskleidungen und feuerfeste Materialien aus nichtmetallurgischen Prozessen, die gefährliche Stoffe enthalten161106 Auskleidungen und feuerfeste Materialien aus nichtmetallurgischen Prozessen mit Ausnahme derjenigen, die unter 161105 fallen
mineralisches, keramisches Feuerfestmaterial
siehe oben
prozessbedingte Bestandteile
z. B. Schlacken, Stäube, andere Rückstände aus dem thermisch behandelten Material Anhaftungen aus dem jeweiligen technischen Prozess, deren Anteil im individuellen Abfall stark schwanken kann

 

Glossar
  Zustellunghier: feuerfeste Auskleidung von Öfen und Apparaten für thermische Prozesse
  Drehrohrofenspezieller Ofentyp, in dem die Verbrennung in einem geneigten und rotierenden Rohr mit unterschiedlichen Temperaturzonen stattfindet
  SchachtofenOfen in Zylinder- oder Kegelform, der von oben befüllt wird
  Tiegelofenmeist induktiv beheizter Schmelz- oder Warmhalteofen in Tiegelform für metallische Werkstoffe
  Schamottekünstlich hergestelltes feuerfestes Material auf Basis von Tonerde (Al2O3) und Kieselsäure (SiO2) zur Herstellung von Schamottesteinen, z. B. für Hochöfen, Winderhitzer, Gießereien, Koks- und Gasöfen, Glasindustrie
  Magnesitoder Bitterspat; besteht im Wesentlichen aus Magnesiumcarbonat und dient zur Herstellung von feuerfesten Auskleidungen in Hochöfen, Elektro-Schmelzöfen, Zement- und Kalköfen
  Chromitauch Chromeisenstein, Erz aus Eisenoxid und Chrom(III)-oxid, (FeO x Cr2O3; FeCr2O4), kann auch MgO und Al2O3 enthalten, dient zur Herstellung von Chrom, Chromsalzen und feuerfesten Materialien
  Dolomitgesteinsbildendes Mineral aus CaCO3 und MgCO2 zur Verwendung als feuerfester Bausstoff zur Auskleidung metallurgischer Öfen
  SpinellMineral aus MgAl2O4 (Magnesiumaluminat) und allgemein alle chemischen Verbindungen der Art AB2X4, die in der Kristallstruktur vom Spinelltyp kristallisieren
  TonerdeAluminiumoxid (Al2O3)
  Quarzgesteinsbildendes Mineral aus SiO2; das häufigste Mineral der Erdkruste
  RastTeil des Hochofens zur Roheisengewinnung (unter dem Schacht), wo die höchsten Temperaturen herrschen (Schmelzzone)
  Korundhäufig vorkommendes, sehr hartes Mineral mit der chemischen Formel Al2O3
  KonverterTiegel zur Stahlherstellung, in welchem flüssigem Roheisen über eine Lanze Sauerstoff zugeführt wird
  KupolofenSchachtofen, ähnlich dem Hochofen, in dem Metalle geschmolzen werden können und der häufig in Gießereien eingesetzt wird
  Krätzebeim Schmelzen von Metallen, Legierungen oder Erzen entstehendes Gemenge aus Verunreinigungen (als Oxide) und Verbrennungsprodukten des Ausgangsmaterials, wobei die Krätze aufgrund geringerer Dichte auf der metallischen Schmelze schwimmt und dort abgekrätzt wird; bei der Roheisenherstellung im Hochofen auch Schlacke genannt

 

Quellenverzeichnis
(Quellen, wenn nicht anders angegeben, in der aktuellen Fassung)
  EU - Europäische Union
  DE - Bundesrepublik Deutschland
  BW - Baden-Württemberg
  BE - Berlin