IPA - Home > Abfallsteckbrief - 1908 Behandlung von industriellem Abwasser, Stand 30.11.2021

Sammlung und Entsorgung

 

 

Innerbetriebliche Sammlung und Bereitstellung

Vermeidung

Der Anfall der Schlämme von industriellem Abwasser kann durch verschiedene Maßnahmen reduziert werden. Aus umweltrechtlichen, ökologischen und ökonomischen Gründen ist dies anzustreben. Zum Beispiel sind in dem BVT-Merkblatt „Abwasser- und Abgasbehandlung/-management in der chemischen Industrie“ hierzu die besten verfügbaren Techniken branchenbezogen konkretisiert, wobei generell folgende Maßnahmen genannt werden:
  • regelmäßige Überprüfung der Sicherheitsdatenblätter aller im Prozess eingesetzten Stoffe auf Änderungen der Angaben im Bezug auf die Einstufung nach REACH; eine jährliche Überprüfung wird empfohlen,
  • Überprüfung möglicher Substitution von „gefährlichen“ Einsatzstoffen, die dann nicht mehr durch aufwendige Abwasserbehandlungstechnik entfernt werden müssen,
  • Rückgewinnung von Inhaltsstoffen, z. B. Metalle, aus dem Abwasser/Schlamm und
  • Prüfung mit dem Ziel der Optimierung der Kreislaufwasserführung.
Sammlung und Bereitstellung

Die Schlämme von industriellen Abwässern (AS 190811* Schlämme aus der biologischen Behandlung von industriellem Abwasser, die gefährliche Stoffe enthalten, AS 190812 Schlämme aus der biologischen Behandlung von industriellem Abwasser mit Ausnahme derjenigen, die unter 19 08 11 fallen und AS 190813* Schlämme aus einer anderen Behandlung von industriellem Abwasser, die gefährliche Stoffe enthalten sowie AS 190814 Schlämme aus einer anderen Behandlung von industriellem Abwasser mit Ausnahme derjenigen, die unter 19 08 13 fallen) können ggf. schädliche anorganische und organische Bestandteile enthalten, die als wassergefährdend einzustufen sind und eine Gefährdung des Bodens und der Gewässer darstellen. Beim Umgang ist daher zu beachten:
  • Sammlung und Bereitstellung in flüssigkeitsdichten Metall- oder Kunststoffbehältern, Fässer, Mulden, Containern, ASP-Behälter, die auch für den Transport zugelassen sind,
  • deutliche lesbare Kennzeichnung der Behälter mit Stoffnamen, Gefahrenpiktogrammen und Abfallschlüssel.

 

Hinweis
Umgang und Lagerung
Allgemeine Anforderungen zur Sammlung und Lagerung von Abfällen sind in der bundesweit gültigen AwSV geregelt. Die AwSV dient dem Schutz von Gewässern vor nachteiligen Veränderungen ihrer Eigenschaften und vereinheitlicht bundesweit die stoff- und anlagenbezogenen Anforderungen an den Umgang mit wassergefährdenden Stoffen. Definitionen, Erläuterungen, Beispiele sowie Anforderungen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen in Bezug auf Abfälle werden ausführlich unter Menüpunkt Kurzinfos -> Hinweise zur AwSV in Bezug auf Abfälle beschrieben.
Die Technischen Regeln für Gefahrstoffe TRGS 510 sowie TRGS 509 stellen Anforderungen an die Lagerung von Gefahrstoffen in ortsbeweglichen bzw. ortsfesten Behältern. In Abhängigkeit von den Mengen und den gefährlichen Eigenschaften dieser Gefahrstoffe sind die allgemeinen Schutzmaßnahmen und weitere spezielle Regelungen zu beachten.

 

Hinweis
Abfalltransport
Sammler und Beförderer gefährlicher Abfälle benötigen eine Beförderungserlaubnis nach § 54 Kreislaufwirtschaftsgesetz (KrWG). Zuständig ist die Behörde des Landes, in dem der Antragsteller seinen Hauptsitz hat. Ausgenommen hiervon sind öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger und für die erlaubnispflichtige Tätigkeit zertifizierte Entsorgungsfachbetriebe im Sinne § 56 KrWG. Weitere Ausnahmen von der Erlaubnispflicht sind in § 12 Abs. 1 der Anzeige- und Erlaubnisverordnung (AbfAEV) oder sondergesetzlich geregelt, wie Batteriegesetz (BattG) oder Elektro- und Elektronikgerätegesetz (ElektroG). Diesen Ausnahmen unterliegende Sammler und Beförderer bedürfen keiner Beförderungserlaubnis. Sie haben ihre Tätigkeit jedoch nach § 53 KrWG der zuständigen Behörde vor Aufnahme anzuzeigen.

Sammler und Beförderer von nicht gefährlichen Abfällen müssen grundsätzlich ihre Tätigkeit nach § 53 KrWG der zuständigen Behörde anzeigen. Sammler und Beförderer von Abfällen, die im Rahmen wirtschaftlicher Unternehmungen tätig sind, unterliegen nicht der Anzeigepflicht, wenn sie nicht gewöhnlich und nicht regelmäßig sammeln oder befördern. Dies ist anzunehmen, wenn sie in Summe je Kalenderjahr bis zu 20 t nicht gefährlicher Abfälle oder bis zu 2 t gefährlicher Abfälle transportieren (§ 7 Abs. 9 AbfAEV). Öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger, die im Rahmen ihrer gesetzlichen Aufgaben Abfälle sammeln oder befördern, benötigen für diese Tätigkeiten keine Anzeige und keine Kennzeichnung (A-Schild). Sammler und Beförderer von Abfällen haben Fahrzeuge gemäß § 55 KrWG mit einem A-Schild zu versehen, außer wenn sie im Rahmen wirtschaftlicher Unternehmen Abfälle sammeln oder befördern.

Diese Vorschriften gelten für alle gewerblichen Abfalltransporte auf öffentlichen Straßen in Deutschland, auch für ausländische Unternehmen und für grenzüberschreitende Abfallverbringungen. Für grenzüberschreitende Abfallverbringungen gelten zusätzlich die Regelungen der Verordnung (EG) Nr. 1013/2006 (Abfallverbringungsverordnung) bzw. des Abfallverbringungsgesetzes (AbfVerbrG). Weiterführende Informationen sind unter Kurzinfos im Bereich Hinweise zur Abfallverbringung zu finden.

Unfälle beim Transport
Da sich Unfälle beim Transport nicht völlig ausschließen lassen, bietet der Verband der Chemischen Industrie e.V. (VCI) mit „TUIS - das Transport-Unfall-Informations- und Hilfeleistungssystem der Chemischen Industrie“ qualifizierte Hilfe an. TUIS richtet sich primär an öffentliche Feuerwehren und Polizei. Dort gibt es ganztägig individuelle Hilfe in Bezug auf den jeweiligen Schadensverlauf. Es werden z. B. nahegelegene Stellen genannt, die über Fachleute verfügen sowie Informationen basierend auf aktuellen Sicherheitsdaten und langjährigen Erfahrungen angeboten.

 

Abfallbewirtschaftung

Vorbereitung zur Wiederverwendung
Eine Wiederverwendung des angefallenen Endschlammes von industriellen Abwässern ist normalerweise nicht möglich.

Durch die Industrieabwasserbehandlung ist jedoch je nach Einsatz verschiedener Prozess- und Filtertechnologien ggf. eine Wiederverwendung der gereinigten Abwässer möglich. Hierfür gibt es in der Praxis viele unterschiedliche Beispiele.

Je nach Einsatz der Abwasserbehandlungsstufen fällt Belebtschlamm an, der als Rücklaufschlamm (Konditionierungsmittel) wieder der 2. (biologischen) Stufe, dem Belebungsbecken, zugeführt werden kann. Damit wird sichergestellt, dass die Belebtschlammkonzentration für eine ausreichende Reinigung aufrechterhalten werden kann.

Verwertung

190811* Schlämme aus der biologischen Behandlung von industriellem Abwasser, die gefährliche Stoffe enthalten
190812 Schlämme aus der biologischen Behandlung von industriellem Abwasser mit Ausnahme derjenigen, die unter 19 08 11 fallen

Die Schlämme der Abfallart mit dem AS 190811*/12 werden vorwiegend energetisch in Kraftwerken und Feuerungsanlagen verwertet.

190813* Schlämme aus einer anderen Behandlung von industriellem Abwasser, die gefährliche Stoffe enthalten
190814 Schlämme aus einer anderen Behandlung von industriellem Abwasser mit Ausnahme derjenigen, die unter 19 08 13 fallen

Schlämme der Abfallart mit dem AS 190813*/14 weisen in der Regel keine für die Verwertung ausreichenden Metallgehalte auf. Ausnahmen bilden Anlagen, in denen Abwässer mit hohen Metallgehalten – ggf. im Teilstrom – behandelt werden. In einem solchen Fall kommt die Rückgewinnung der Metalle mittels Pyrometallurgie (Schmelzöfen oder Hütten) oder Hydrometallurgie (Rücklösung und selektive Extraktion bzw. Abscheidung der Metalle) in Betracht.

Die Verwertung in Form von Bergversatz ist eine praktizierte, unter Nachhaltigkeitskriterien aber untergeordnete Möglichkeit. Die Entsorgung unter Tage setzt in der Regel nach Prüf- und Genehmigungsverfahren eine zusätzliche Aufbereitung je nach Anforderungen voraus, wie z.B. Riesel- und Pumpfähigkeit, Verfestigung und ggf. eine aufwändige Verpackung.

Beseitigung

190811* Schlämme aus der biologischen Behandlung von industriellem Abwasser, die gefährliche Stoffe enthalten
190812 Schlämme aus der biologischen Behandlung von industriellem Abwasser mit Ausnahme derjenigen, die unter 19 08 11 fallen

Für entwässerte Schlämme der Abfallart 190811*/12 kommt aufgrund des hohen organischen Anteils nur die Verbrennung in Frage, wobei je nach Schadstoffgehalt und Annahmekriterien die HMV oder SAV in Betracht zu ziehen ist.

Im Einzelfall kann vor der Verbrennung eine Konditionierung erforderlich sein.

190813* Schlämme aus einer anderen Behandlung von industriellem Abwasser, die gefährliche Stoffe enthalten
190814 Schlämme aus einer anderen Behandlung von industriellem Abwasser mit Ausnahme derjenigen, die unter 19 08 13 fallen

Mechanisch entwässerte Filterschlämme mit ausreichender Festigkeit können auf obertägigen Deponien abgelagert werden. Die Deponieklasse richtet sich nach der Schadstoffbelastung sowie dem Organikgehalt des Schlamms. In der Regel erfolgt die Ablagerung auf Deponien der Klasse DK II oder DK III.
Sofern die Zuordnungswerte der Deponieverordnung (DepV) für obertägige Deponien nicht eingehalten werden können, z. B. bei nicht oder schlecht entgifteten Schlämmen, kommt die Ablagerung in untertägigen Deponien der Klasse DK IV oder die Rücklösung und erneute nasschemische Behandlung in einer CPB in Betracht.

Bei einer Verbrennung kann im Einzelfall zuvor eine Konditionierung oder sogar Behandlung in einer CPB erforderlich sein.

 

Zusammenfassung der Entsorgungsmöglichkeiten

Verwertung Beseitigung
190811* Schlämme aus der biologischen Behandlung von industriellem Abwasser, die gefährliche Stoffe enthalten
energetische Verwertung Verbrennung HMV oder SAV
190812 Schlämme aus der biologischen Behandlung von industriellem Abwasser mit Ausnahme derjenigen, die unter 19 08 11 fallen
energetische Verwertung Verbrennung HMV
190813* Schlämme aus einer anderen Behandlung von industriellem Abwasser, die gefährliche Stoffe enthalten
Pyrometallurgie; Hydrometallurgie; Bergversatz ggf. CPB; Ablagerung DK III, Ablagerung DK IV
190814 Schlämme aus einer anderen Behandlung von industriellem Abwasser mit Ausnahme derjenigen, die unter 19 08 13 fallen
Rücklösung in CPB; Pyrometallurgie; Hydrometallurgie; Bergversatz ggf. CPB und Verbrennung; Ablagerung DK II

 

Hinweis
Nachweispflichten
Folgende Nachweispflichten bestehen:
  • Für Erzeuger, Besitzer, Sammler, Beförderer und Entsorger von gefährlichen Abfällen bestehen nach § 50 Kreislaufwirtschaftsgesetz (KrWG) in Verbindung mit der Nachweisverordnung (NachwV) Pflichten zur Nachweisführung über die ordnungsgemäße Abfallentsorgung innerhalb Deutschlands. Des Weiteren gelten Registerpflichten nach § 49 KrWG.
  • Die Verordnung (EG) Nr. 1013/2006 (Verordnung über die Verbringung von Abfällen) ist bei einer grenzüberschreitenden Verbringung von Abfällen anzuwenden. Je nach Abfallart, betroffenen Staaten und Entsorgungsverfahren können danach Notifizierungsverfahren erforderlich werden, die Nachweispflichten beinhalten.
  • Aufgrund der POP-Abfall-Überwachungs-Verordnung (POP-Abfall-ÜberwV) unterliegen auch die dort genannten nicht gefährlichen Abfälle Nachweis- und Registerpflichten gemäß §§ 4 und 5 POP-Abfall-ÜberwV.
Überlassungspflichten
Allgemeine Überlassungspflichten für Abfälle zur Beseitigung sind nach § 17 Abs. 1 KrWG geregelt. Die kommunalen Abfallsatzungen sind dabei zu beachten.

Andienungspflichten
Spezielle landesrechtliche Überlassungs- und Andienungspflichten im Sinne von § 17 Abs. 4 KrWG:
  • Für gefährliche Abfälle zur Beseitigung haben einige Länder Andienungs- bzw. Überlassungspflichten an die hierfür zuständige Landesgesellschaft bestimmt (BW, BY, BE, BB, HH, NI, RP, SH).
  • Für gefährliche Abfälle zur Verwertung gilt dies in einigen Ländern ebenfalls (RP).
Die angedienten Abfälle können von der jeweiligen Landesgesellschaft einer geeigneten Abfallentsorgungsanlage zugewiesen werden. Weitere Informationen sind bei den jeweiligen Landesgesellschaften zu erhalten (zur Übersicht: siehe Informationsangebot der Arbeitsgemeinschaft der Sonderabfall-Entsorgungsgesellschaften der Länder im Quellenverzeichnis).

 

Hinweis
Ablagerung von Abfällen mit organischen Inhaltsstoffen
Einige Bundesländer haben in Ergänzung zum bestehenden Deponierecht Regelungen zur Ablagerung von Abfällen mit organischen Inhaltsstoffen, insbesondere auf Deponien der Klasse I und II, ausgesprochen. Diese Regelungen sind im Falle der Abfallablagerung zu beachten (im Internet verfügbare Quellen, siehe Quellenverzeichnis).

Angaben des statistischen Bundesamtes zum Abfallaufkommen

Jährlich befragt das Statistische Bundesamt Betreiber von zulassungsbedürftigen Abfallentsorgungsanlagen nach Art, Herkunft und Verbleib der behandelten Abfälle und veröffentlicht die Daten in einem Bericht zur Abfallentsorgung (siehe Quellenverzeichnis).

Die folgenden Auswertungen stellen das Aufkommen der an Entsorgungsanlagen angelieferten Abfälle dar. Es ist anzumerken, dass teilweise aufgrund der statistischen Geheimhaltung die unter "Gesamt" aufgeführte Menge nicht genau der Summe der bei den verschiedenen Entsorgungsanlagentypen angegebenen Mengen entspricht.

 

 

Glossar
  CPBchemisch-physikalische Behandlungsanlage
  DK IIDeponie der Klasse II, oberirdische Deponie für Abfälle, die die Zuordnungskriterien der Deponieverordnung für die Deponieklasse II einhalten
  DK IIIDeponie der Klasse III, oberirdische Deponie für Abfälle, die die Zuordnungskriterien der Deponieverordnung für die Deponieklasse III einhalten
  DK IVDeponie der Klasse IV, Untertagedeponie für (gefährliche) Abfälle
  SAVVerbrennungsanlage für gefährliche Abfälle (Sonderabfallverbrennungsanlage)
  HMVHausmüllverbrennungsanlage
  PyrometallurgieAufbereitung und Gewinnung von Metallen unter Einsatz thermischer Energie, z. B. Schmelzen im Hochofen
  HydrometallurgieGewinnung von Metallen (insbesondere Nichteisenmetallen) mittels Aufschließen durch Säuren oder Basen
  ASP-BehälterAbfall-Sammelbehälter für feste und pastöse Stoffe, auch zum Transport geeignet
  REACHRegistration, Evaluation, Authorisation and Restriction of Chemicals (Registrierung, Bewertung, Zulassung und Beschränkung von Chemikalien)
  KonditionierungVerbesserung oder Herbeiführung von bestimmten Eigenschaften, in der Abfallwirtschaft z. B. Verpressen, Trocknen, Zementieren, Kalken

 

Quellenverzeichnis
(Quellen, wenn nicht anders angegeben, in der aktuellen Fassung)
  EU - Europäische Union
  DE - Bundesrepublik Deutschland
  BW - Baden-Württemberg
  BY - Bayern
  BE - Berlin
  BB - Brandenburg
  Informationsangebot des Ministeriums für Landwirtschaft, Umwelt und Klimaschutz des Landes Brandenburg zum Thema wassergefährdende Stoffe
  HE - Hessen
  MV - Mecklenburg-Vorpommern
  NI - Niedersachsen
  NW - Nordrhein-Westfalen
  RP - Rheinland-Pfalz
  SL - Saarland
  SN - Sachsen
  ST - Sachsen-Anhalt
  SH - Schleswig-Holstein
  TH - Thüringen