IPA - Home > Abfallsteckbrief - 1103 Schlämme und Feststoffe aus Härteprozessen, Stand 05.06.2015

Schadstoffe und gefährliche Eigenschaften

 

 

Schadstoffe



Cyanide
Cyanide sind Salze der Blausäure (Cyanwasserstoff, HCN) und enthalten das Cyanid-Anion [C≡N]‾. Die Cyanogruppe ist weiterhin in organischen Verbindungen, den Nitrilen (R-CN), und in Cyanokomplexen vertreten. Die physikalischen, chemischen und toxischen Eigenschaften der Cyan-Verbindungen hängen von der jeweiligen Verbindung ab. In Härtereien werden i. d. R Cyanide der Alkalimetalle und Erdalkalimetalle eingesetzt, die akut toxisch (Kategorie 1/2) und in Wasser leicht löslich sind. Cyanide aus Härtereialtsalzen werden als stark wassergefährdend (WGK 3) eingestuft. In cyanidhaltigen Härtereisalzen (110301*) sind zudem noch weitere Schadstoffe enthalten, z.B. Nitrite.

Chloride
Alle Härtesalze, auch die cyanidfreien, enthalten in der Regel chloridische Salzkomponenten. Hauptkomponenten dieser Härtereialtsalze sind Chloride der Alkalimetalle und Erdalkalimetalle, die teilweise als giftig eingestuft sind, insbesondere Bariumchlorid. Dies gilt i.d.R. auch für die Abfälle aus diesen Salzen (110301*, 110302*). Im Altsalz enthaltene Chlorid-Verbindungen sind i. d. R. der WGK 1 zugeordnet.

Sonstige Schadstoffe
Daneben enthalten Altsalze generell verschiedene Nitrate, Nitrite sowie Carbonate, die teilweise giftig (Nitrite), gesundheitsschädlich und gewässergefährdend sind. In der Regel werden im Altsalz enthaltene Nitrit-Verbindungen der WGK 2 und alle übrigen in folgender Tabelle aufgeführten Schadstoffe der WGK 1 zugeordnet.

 

Hinweis
Salzabfälle aus Härtereien enthalten im Allgemeinen hohe Konzentrationen an gefährlichen Inhaltsstoffen. Sie werden daher generell als gefährliche Abfälle eingestuft. Die wesentlichen gefährlichen Komponenten der Salze sind im zugehörigen Sicherheitsdatenblatt aufgeführt. Bezüglich der jeweiligen Konzentration an gefährlichen Substanzen sind die Sicherheitsdatenblätter der Härtreisalze jedoch meist nur bedingt aussagefähig.

 

Gefährliche Eigenschaften

Gefährliche Abfälle sind in der Abfallverzeichnis-Verordnung (AVV) mit einem Sternchen (*) gekennzeichnet. Von ihnen wird angenommen, dass sie mindestens eine gefahrenrelevante Eigenschaft nach Anhang III der Richtlinie 2008/98/EG besitzen. Einige Abfallarten sind aufgegliedert in gefährliche (*) und in nicht gefährliche Abfälle (sogenannte Spiegeleinträge), bei denen die Einstufung als "gefährlich" vom Gehalt gefährlicher Stoffe abhängig gemacht wird.

Die Regelungen für den Abfallbereich beruhen u. a. auf den Rechtsvorschriften der Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 (CLP-Verordnung) und gelten seit dem 01.06.2015 im europäischen Recht. Im deutschen Abfallrecht ist die AVV durch die Verordnung zur Umsetzung der novellierten abfallrechtlichen Gefährlichkeitskriterien geändert worden (siehe hierzu die Rubrik - Aktuelles zur AVV).

In der folgenden Tabelle wird aus Gründen der Übersichtlichkeit nicht die vollständige Stoffeinstufung dargestellt, die bei Bedarf in Stoffdatenbanken, z. B. Einstufungs- und Kennzeichnungsverzeichnis der ECHA (EU), GESTIS (DE), GisChem (DE), GSBL (DE) oder IGS (NW), verlinkt im Quellenverzeichnis, nachgesehen werden kann.
Schadstoffe Gehalte / Konzentrationen Erläuterungen
110301* cyanidhaltige Abfälle
Natrium-, Kaliumcyanid bis 50 % abfalltypisch,
akut toxisch (Kategorie 1/2) und gewässergefährdend, WGK 3
Natrium-, Kaliumcyanat bis 80 % abfalltypisch,
gesundheitsschädlich, WGK 1
Bariumcarbonat bis 40 % gesundheitsschädlich und nicht wassergefährdend
Bariumchlorid bis 60 % giftig beim Verschlucken, gesundheitsschädlich beim Einatmen, WGK 1
Natrium-, Kaliumchlorid bis 40 % Chloridbelastung durch Salzfracht möglich, WGK 1
Natrium-, Kaliumcarbonat bis 60 % reizend, WGK 1
Kalium-, Natriumnitrat 20 - 50 % brandfördernd, WGK 1; Natriumnitrat zusätzlich gesundheitsschädlich
Kalium-, Natriumnitrit 20 - 50 % giftig, brandfördernd und gewässergefährdend, WGK 2; Natriumnitrit zusätzlich reizend
Kalium-, Natriumhydroxid 10 - 80 % ätzend, WGK 1; Kaliumhydroxid zusätzlich gesundheitsschädlich
Calciumchlorid bis 10 % reizend, WGK 1
Eisenhydroxide bis 10 % i. d. R. kein Gefahrstoff, gegebenenfalls Einzelfallprüfung erforderlich; nicht wassergefährdend
Cyanokomplexe, z. B. des Eisens Toxizität ist bestimmt durch die Beständigkeit des Cyanokomplexes, d. h. die Möglichkeit zur Freisetzung von Cyanid-Ionen; wassergefährdend (WGK 1-2)
110302* andere Abfälle
Bariumcarbonat bis 40 % gesundheitsschädlich; nicht wassergefährdend
Bariumchlorid bis 60 % giftig beim Verschlucken, gesundheitsschädlich beim Einatmen, WGK 1
Natrium-, Kaliumchlorid bis 40 % Chloridbelastung durch Salzfracht möglich, WGK 1
Natrium-, Kaliumcarbonat bis 60 % reizend, WGK 1
Kalium-, Natriumnitrat 20 - 50 % brandfördernd, WGK 1; Natriumnitrat zusätzlich gesundheitsschädlich
Kalium-, Natriumnitrit 20 - 50 % giftig, brandfördernd und gewässergefährdend, WGK 2; Natriumnitrit zusätzlich reizend
Natrium-, Kaliumhydroxid 10 - 80 % ätzend, WGK 1; Kaliumhydroxid zusätzlich gesundheitsschädlich
Calciumchlorid bis 10 % reizend
Eisenhydroxide bis 10 % In der Regel kein Gefahrstoff, gegebenenfalls Einzelfallprüfung erforderlich; nicht wassergefährdend

 

Auswertungen aus der Abfallanalysendatenbank ABANDA

In der folgenden Tabelle sind Links zur Abfallanalysendatenbank ABANDA angegeben, mit deren Hilfe Sie Informationen zur chemischen Zusammensetzung der Abfälle erhalten. Zu jeder Abfallart ist in der Tabelle die Anzahl der vorhandenen Analysen angegeben. (Bei weniger als 10 Analysen sind keine sinnvollen statistischen Auswertungen möglich und es wird deshalb nicht nach ABANDA verlinkt).
Abfallarten Anzahl der
Analysen
110301* cyanidhaltige Abfälle 30   Analytik
110302* andere Abfälle 2

 

 

Hinweis
Abfälle aus Salzbadhärteprozessen enthalten immer erhebliche Anteile an Schadstoffen. Sie werden daher generell als gefährliche Abfälle eingestuft.

 

Glossar
  CLP-VerordnungVerordnung (EG) Nr. 1272/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2008 über die Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von Stoffen und Gemischen, zur Änderung und Aufhebung der Richtlinien 67/548/EWG und 1999/45/EG und zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006; gültig nur in der jeweils aktuellen Fassung auf Grundlage der regelmäßigen Anpassungen an den technischen Fortschritt durch entsprechende Anpassungsverordnungen
  StoffrichtlinieRichtlinie 67/548/EWG des Rates über die Einstufung, Verpackung und Kennzeichnung gefährlicher Stoffe
  WGKWassergefährdungsklasse; Potential von Stoffen und Gemischen, die Eigenschaft von Wasser nachteilig zu ändern; gemäß AwSV: nicht wassergefährdend (nwg), allgemein wassergefährdend (awg), WGK 1 = schwach wassergefährdend, WGK 2 = deutlich wassergefährdend, WGK 3 = stark wassergefährdend
  NitrileGruppe chemischer Verbindungen mit der allgemeinen Formel R-CN, wobei die funktionelle Gruppe aus Kohlenstoff und dreifach gebundenem Stickstoff als Nitril- oder Cyanogruppe bezeichnet wird
  Erdalkalimetallechemische Elemente Beryllium, Magnesium, Calcium, Strontium, Barium und Radium der 2. Hauptgruppe des Periodensystems
  Alkalimetallechemische Elemente Lithium, Natrium, Kalium, Rubidium, Caesium und Francium der 1. Hauptgruppe des Periodensystems; metallisch glänzende, weiche Leichtmetalle, die chemisch sehr reaktiv sind
  CyanokomplexUm ein zentrales Metall-Ion, z.B. Fe3+, sind symmetrisch Cyanid-Ionen angeordnet und bilden in dieser Formation eine Komplexverbindung. In stabilen Komplexverbindungen ist das Cyanid so fest gebunden, dass seine Giftigkeit (Reaktivität) verloren geht
  CyanateSalze oder Ester der Cyansäure HOCN
  CLPClassification, Labelling and Packaging (Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung)

 

Quellenverzeichnis
(Quellen, wenn nicht anders angegeben, in der aktuellen Fassung)
  EU - Europäische Union
  DE - Bundesrepublik Deutschland
  BW - Baden-Württemberg
  BY - Bayern
  HE - Hessen
  NI - Niedersachsen
  NW - Nordrhein-Westfalen
  RP - Rheinland-Pfalz
  SN - Sachsen