IPA - Home > Abfallsteckbrief - 1801 und 1802 Human- und tierärztliche Versorgung, Stand 25.11.2020

Herkunft und charakteristische Zusammensetzung

 

 

Herkunft

AS 180101 / AS 180201 spitze oder scharfe Gegenstände (außer AS 180103*, AS 180202*)

Spitze oder scharfe Gegenstände (Spritzen mit Kanülen, Skalpelle usw.), sog. "sharps" fallen überall dort an, wo Patienten bzw. Tiere behandelt werden, also insbesondere in Krankenhäusern, Tierkliniken, Praxen, Sanatorien, Pflegeheimen usw., aber auch im privaten Bereich bei Selbstmedikation bzw. häuslicher Pflege von Patienten.

AS 180102 Körperteile und Organe, einschließlich Blutbeutel und Blutkonserven (außer AS 180103*)

Körperteile und Organabfälle entstehen infolge von Operationen in Operationsbereichen oder ambulanten Einrichtungen mit entsprechenden Tätigkeiten (Praxiskliniken), in Einrichtungen der Blutspendedienste und Blutbanken sowie in der Pathologie.

AS 180103* Abfälle, an deren Sammlung und Entsorgung aus infektionspräventiver Sicht besondere Anforderungen gestellt werden

Es handelt sich hierbei um Abfälle, die mit Erregern meldepflichtiger Krankheiten behaftet sind. Im Gesetz zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten beim Menschen (Infektionsschutzgesetz - IfSG) werden Erreger meldepflichtiger Krankheiten aufgeführt. Entsprechende Abfälle fallen bei der Diagnose, Behandlung und Pflege von Menschen mit Infektionskrankheiten an.

Eine Liste der Krankheiten, die für die Zuordnung der Abfälle zu dieser Abfallart führen, enthält die LAGA M 18. Es handelt sich um Erkrankungen, die unter Berücksichtigung verschiedener Kriterien (Ansteckungsgefährlichkeit, Überlebensfähigkeit der Erreger, Übertragungsweg, Ausmaß und Art der potenziellen Kontamination, Menge des kontaminierten Abfalls, Schwere der gegebenenfalls ausgelösten Erkrankung und deren Behandelbarkeit) besondere Anforderungen an die Infektionsprävention stellen. Dabei sind auch die unterschiedlichen Übertragungswege zu berücksichtigen. Zur konkreten Beurteilung des Infektionsrisikos können im Einzelfall besondere Maßnahmen erforderlich sein, die mit den jeweiligen Verantwortlichen (Hygieniker, Fachkraft für Arbeitssicherheit, Betriebsarzt) festzulegen sind. Zudem ist insbesondere für den Umgang mit diesen Abfällen die TRBA 250 - "Biologische Arbeitsstoffe im Gesundheitswesen und in der Wohlfahrtspflege hinzufügen" (TRBA 250) zu beachten.

Abfälle mit besonderen infektionspräventiven Anforderungen fallen insbesondere an in
  • klinisch-chemischen und infektionsserologischen Laboratorien,
  • mikrobiologischen Laboratorien,
  • Isoliereinheiten von Krankenhäusern,
  • Dialysestationen und Dialysezentren bei bekannten Virusträgern,
  • Abteilungen für Pathologie,
  • Operationssälen,
  • Arztpraxen, die schwerpunktmäßig (nicht nur sporadisch) Patienten mit entsprechenden Erkrankungen behandeln.

AS 180202* Abfälle, an deren Sammlung und Entsorgung aus infektionspräventiver Sicht besondere Anforderungen gestellt werden

Abfälle dieserArt fallen bei der tierärztlichen Versorgung, Forschung und Diagnostik in Praxen und Kliniken sowie bei der Überwachung der Tierhaltung, an. Dazu zählen auch Versuchstiere und sonstige Abfälle aus der humanmedizinischen Forschung und Diagnostik, deren Beseitigung nicht durch das Tierseuchengesetz (TierSG), das Tierische Nebenprodukte-Beseitigungsgesetz (TierNebG), die Verordnung zur Durchführung des Tierische Nebenprodukte-Beseitigungsgesetzes (Tierische Nebenprodukte-Beseitigungsverordnung - TierNebV) und länderspezifischen Gesetze und Verordnungen (Sachsen: Sächsisches Ausführungsgesetz zum Tierische Nebenprodukte-Beseitigungsgesetz und zu weiteren Vorschriften über die Verarbeitung und Beseitigung von nicht für den menschlichen Verzehr bestimmten tierischen Nebenprodukten (SächsAGTierNebG) und Sächsisches Ausführungsgesetz zum Tierseuchengesetz - Landestierseuchengesetz - (SächsAGTierSG) geregelt werden. Gleiches trifft auf Streu und Exkremente aus Versuchstieranlagen zu, soweit eine Übertragung von Infektionskrankheiten oder eine Verbreitung von Tierkrankheiten oder Tierseuchen zu erwarten ist.

In diesem Zusammenhang wird auf die Verordnung über Sicherheit und Gesundheitsschutz bei Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen (Biostoffverordnung - BioStoffV) und die Technischen Regeln für Biologische Arbeitsstoffe TRBA 120 und 230 hingewiesen.


AS 180104 / AS 180203 Abfälle, an deren Sammlung und Entsorgung aus infektionspräventiver Sicht keine besonderen Anforderungen gestellt werden (z.B. Wund- und Gipsverbände, Wäsche, Einwegkleidung, Windeln)

Hierbei handelt es sich um mit Blut, Sekret oder Exkret behaftetet Abfälle, wie Verbände, Wäsche, Windeln, Schutzkleidung, Spritzenkörper ohne Kanüle, Einwegmaterialien sowie gering mit Zytostatika verunreinigte Materialien. Einige Einrichtungen tendieren dazu, diese gering mit Zytostatika verunreinigten Materialien auch als gefährliche Abfälle zu entsorgen (Merkblatt 620 der BGW). Zytostatika können auch akut toxisch sein und STOT (Spezifische Zielorgan- Toxizität). Beispielhaft hierfür sind Melphalan und Vincristin, bei denen Lebensgefahr beim Verschlucken, Hautkontakt und Einatmen besteht. Diese Abfälle müssen nicht als gefährliche Abfälle entsorgt werden, Kliniken können es aber so praktizieren.

Die Abfälle der o.g. AS fallen im gesamten Bereich der Patienten- bzw. Tierversorgung an, beispielsweise in Krankenhäusern, Arztpraxen und in der tiermedizinischen Versorgung. In der Praxis wird oftmals unterschieden zwischen Abfällen mit und ohne Körperflüssigkeiten (siehe dazu Abfallbilder unter "Zuordnung nach AVV").

AS 180106* / AS 180205* Chemikalien, die aus gefährlichen Stoffen bestehen oder solche enthalten

Chemikalien oder Stoffe mit gefährlichen Eigenschaften, wie Kontrastmittel, Reinigungs- und Desinfektionsmittel, fallen insbesondere in Laboratorien bei diagnostischen Arbeiten und als Rückstände aus diagnostischen Apparaten sowie in der Pathologie, in Krankenhäusern, Tierkliniken, Instituten und Forschungseinrichtungen, Pflegestationen, Arzt- oder Zahnarztpraxen sowie in Apotheken an.


AS 180107 / AS 180206 Chemikalien mit Ausnahme derjenigen, die unter AS 180106* / AS 180205* fallen

Die Herkunft der nicht gefährlichen Chemikalien entspricht der der gefährlichen Chemikalien.


AS 180108* / AS 180207* Zytotoxische und zytostatische Arzneimittel

Bei der Zubereitung und Anwendung von CMR-Arzneimitteln (cancerogen-mutagen-reproduktionstoxisch) können Abfälle dieser Art entstehen (siehe auch TRGS 525 - Umgang mit Gefahrstoffen in Einrichtungen zur humanmedizinischen Versorgung). Zytotoxische und zytostatische Arzneimittel fallen als Abfall in den Bereichen der Patientenversorgung mit Anwendung entsprechender Arzneimittel (z. B. Onkologie), in Apotheken, in Arzt- bzw. Tierarztpraxen und in Laborbereichen an. Dazu gehören nicht vollständig entleerte Originalbehältnisse, verfallene Arzneimittel, Reste an Trockensubstanzen, Infusionssysteme und Spritzenkörper mit deutlich sichtbaren Restinhalten, kontaminierte Schutzkleidung oder Aufsaugmaterialien. Luftfilter von Sicherheitswerkbänken sind ebenfalls dazu zu zählen.


AS 180109 / AS 180208 Arzneimittel mit Ausnahme derjenigen, die unter AS 180108* / AS 180207* fallen

Hierzu gehören Arzneimittel sowie Kontrastmittel u. ä., die in Krankenhäusern, Tierkliniken, Apotheken oder Arzt- bzw. Tierarztpraxen als Reste, Restposten oder überlagerte Produkte anfallen. Altarzneimittel aus privaten Haushalten sind unter dem AS 200131*/200132 zu entsorgen.


AS 180110* Amalgamabfälle aus der Zahnmedizin

Amalgamabfälle fallen in Zahnarztpraxen und -kliniken an.

 

Charakteristische Zusammensetzung

Inhaltsstoffe Gehalte / Konzentrationen Erläuterungen
AS 180101 / AS 180201 spitze oder scharfe Gegenstände (außer AS 180103* / AS 180202*)
  • Spritzen mit Kanülen, Spritzen, Infusionssysteme, Lanzetten
  • Messer, Skalpelle
  • Scheren
  • Nadeln
  • Kratzer, Schaber
  • Meißel
  • Feilen
Anteile bzw. Anhaftungen von menschlichem oder tierischem Gewebe, Sekreten und Exkrementen;
Beachte: Keine infektiösen Abfälle nach AS 180103*
AS 180102 Körperteile und Organe, einschließlich Blutbeutel und Blutkonserven (außer AS 180103*)
  • Körperteile
  • Organabfälle
  • Blutbeutel
  • Blutkonserven
  • Blutproben
Menschliches Gewebe, Blut, Blutbestandteile, Blutprodukte
AS 180103* / AS 180202* Abfälle, an deren Sammlung und Entsorgung aus infektionspräventiver Sicht besondere Anforderungen gestellt werden
  • Abfälle, die mit erregerhaltigem Blut, Sekret oder Exkret behaftet sind oder Blut in flüssiger Form enthalten, z. B. entsprechend verunreinigte Gefäße, Abfälle aus Operationen, gebrauchte, ungespülte, blutgefüllte Dialysesysteme aus der Behandlung von bekannten Virusträgern (Medizinprodukte)
  • mikrobiologische Kulturen und pathogene Keime
  • Speise-/Futterreste aus Infektionsstationen
  • mit infektiösen Stoffen verunreinigte Abfälle
  • Verbandsmaterial, Binden, Mull, Tücher, Saugmaterial
  • spitze und scharfe Gegenstände, die mit erregerhaltigem Materialien behaftet sind
  • Körperteile und Organabfälle von Menschen oder Tieren mit entsprechenden Krankheiten
  • infektöser Mist und Streu
  • infektiöse Milch
  • infektiöse Fäkalien
Anteile bzw. Anhaftungen von menschlichem oder tierischem Gewebe oder Flüssigkeiten (Blut, Sekret, Exkret), mit infektiösen Erregern behaftet
AS 180104 / AS 180203 Abfälle, an deren Sammlung und Entsorgung aus infektionspräventiver Sicht keine besonderen Anforderungen gestellt werden (z.B. Wund- und Gipsverbände, Wäsche, Einwegkleidung, Windeln)
  • Operationsbesteck ohne spitze Gegenstände
  • Wund- und Gipsverbände
  • Einwegwäsche
  • Windeln
  • Spritzenkörper ohne Kanülen
  • Infusionsflaschen und -beutel
  • Schalen und Geschirr
  • Folien
  • gering mit Zytostatika kontaminierte Abfälle (z. B. Tupfer, Ärmelstulpen, Handschuhe, Atemschutzmasken, Einmalartikel usw.)
Anteile oder Anhaftungen von menschlichem oder tierischen Gewebe oder Flüssigkeiten (Blut, Sekret, Exkret), nicht infektiös; ausgenommen davon sind getrennt erfasste, nicht kontaminierte Fraktionen von Papier, Glas, Kunststoffen
AS 180106* / AS 180205* Chemikalien, die aus gefährlichen Stoffen bestehen oder solche enthalten
  • Säuren, Laugen
  • halogenierte Lösemittel, sonstige Lösemittel
  • anorganische und organische Laborchemikalien inkl. Diagnoserestmengen
  • Fixierbäder, Entwicklungsbäder
  • Desinfektions- und Reinigungsmittelkonzentrate
  • nicht restentleerte Druckgaspackungen
  • Formaldehydlösungen
  • weitere Chemikalien
  • Atemkalk
gefährliche anorganische oder organische Chemikalien; wenn möglich Zuordnung zu einem spezielleren Abfallschlüssel der entsprechenden Kapitel der AVV 06, 07, 09, 14
AS 180107 / AS 180206 Chemikalien mit Ausnahme derjenigen, die unter AS 180106* / AS 180205* fallen
  • Fehlchargen, Ausschuss
  • überlagerte, verunreinigte Chemikalien, z.B. Reinigungs-, Händedesinfektionsmittel, verbrauchter Atemkalk
  • Abfälle aus diagnostischen Apparaten, die aufgrund der geringen Chemikalienkonzentration nicht dem AS 180106* zugeordnet werden können
nicht gefährliche organische und anorganische Chemikalien, wenn möglich Zuordnung zu einem spezielleren Abfallschlüssel der Kapitel der AVV 06, 07, 09, 14
AS 180108* / AS 180207* zytotoxische und zytostatische Arzneimittel
  • nicht vollständig entleerte Originalbehälter
  • verfallene Arzneimittel in Originalverpackung
  • Reste an Trockensubstanzen oder von Tabletten
  • Spritzenkörper und Infusionsflaschen/-beutel mit deutlichen erkennbaren Restinhalten (> 20 ml)
  • Infusionssysteme und sonstiges mit Zytostatika kontaminiertes Material (> 20 ml), z.B. Druckentlastungs- und Überleitungssysteme
  • durch Freisetzung großer Flüssigkeitsmengen oder Feststoffe bei der Zubereitung oder Anwendung von Zytostatika kontaminiertes Material (z.B. Unterlagen, persönliche Schutzausrüstung)
  • Luftfilter aus Sicherheitswerkbänken
CMR-Arzneimittel nach TRGS 525; gering kontaminierte Abfälle (z. B. Tupfer, Handschuhe, Einmalkittel, Aufwischtücher, leere Arzneibehältnisse) können den AS 180104 bzw. AS 180203 zugeordnet werden
AS 180109 / AS 180208 Arzneimittel mit Ausnahme derjenigen, die unter AS 180108* / AS 180207* fallen
  • Fehlchargen Ausschuss
  • überlagerte, verunreinigte Medikamente wie z.B. Altarzneimittel, Röntgenkontrastmittel, Infusionslösungen
Arzneimittel (Wirkstoffe und Hilfsstoffe, wie Füllstoffe, Lösungsmittel, Emulgatoren, Gleitmittel, Umhüllungsmittel, Bindemittel, Puffer, Zerfallsbeschleuniger usw.), ggf. einschließlich Verpackungsmaterial (Metalle, Kunststoffe, Glas, Papier/Pappe)
AS 180110* Amalgamabfälle aus der Zahnmedizin
  • Amalgam (Quecksilber)
  • extrahierte Zähne mit Amalgamfüllung
  • Amalgamabscheiderinhalte
Kupfer, Silber, Quecksilber, Zinn, weitere Metalle, organische Rückstände, Wasser, Zahnrückstände können enthalten sein

 

Glossar
  CMRSammelbezeichnung für krebserzeugende, erbgutverändernde und fortpflanzungsgefährdende Stoffe (carcinogenic, mutagenic and toxic to reproduction)
  cancerogen(auch carcinogen, kanzerogen oder karzinogen) Krebs erzeugend oder fördernd
  DialyseBlutreinigungsverfahren, das bei Nierenversagen zum Einsatz kommt, wobei der Stoffaustausch über eine semipermeable Membran erfolgt
  mutagendas Erbgut eines Organismus verändernd
  OnkologieZweig der Medizin, der sich der Prävention, Diagnostik, Therapie und Nachsorge von Krebserkrankungen widmet
  pathogenpotentiell krankmachend
  PathologieLehre von den Krankheiten, besonders von ihrer Entstehung und den durch sie hervorgerufenen organisch-anatomischen Veränderungen
  reproduktionstoxischumfasst sowohl die Beeinträchtigung der Fortpflanzungsfähigkeit bzw. Fruchtbarkeit als auch die Schädigung des Kindes im Mutterleib (teratogen)
  sharpsspitze und scharfe Gegenstände (Kanülen, Skalpelle, Scheren o. ä. Gegenstände mit Risiko für Schnittverletzungen)
  zytotoxischFähigkeit einiger chemischen Substanzen (Arzneistoffe, Antikörper, Viren), Zellen und Gewebe zu schädigen
  zytostatischFähigkeit natürlicher oder synthetischer Substanzen, das Zellwachstum bzw. die Zellteilung zu hemmen

 

Quellenverzeichnis
(Quellen, wenn nicht anders angegeben, in der aktuellen Fassung)
  EU - Europäische Union
  DE - Bundesrepublik Deutschland
  BY - Bayern
  SN - Sachsen