IPA - Home > Abfallsteckbrief - 1709 sonstige Bau- und Abbruchabfälle, Stand 20.12.2017

Herkunft und charakteristische Zusammensetzung

 

 

Herkunft

Baustellen für Neubau und Umbau, zur Sanierung und Renovierung sowie zum Abbruch von Gebäuden und anderen Bauwerken sind grundsätzlich so einzurichten und zu organisieren, dass dort anfallende Abfälle getrennt erfasst werden. Die getrennt erfassten Abfälle sollen dann nach Möglichkeit wiederverwendet bzw. möglichst hochwertig recycelt werden.

Bevor Bau- und Abbruchabfälle als so genannte gemischte Bau- und Abbruchabfälle dem Abfallschlüssel 170903*/04 zugeordnet werden, ist zu prüfen, ob auf Grund der signifikanten Nebenbestandteile und Schadstoffe im Abfall ein anderer, treffenderer Abfallschlüssel des Kapitels 17 zu wählen ist. Dies gilt z. B. in folgenden Fällen:
  • asbesthaltige Abfälle, (werden z. B. unter AS 17 06 01* und 17 06 05* eingestuft)
  • gefährliche KMF-Abfälle (werden z. B. unter AS 17 06 03* und 17 06 04 eingestuft)
  • gipshaltige Abfälle werden (werden z. B. unter 17 08 01* und 17 08 02 eingestuft)
  • quecksilberhaltige Abfälle (werden z. B. unter AS 170901* eingestuft)
  • PCB-haltige Abfälle (werden z. B. unter AS 170902* eingestuft)
Für diese Abfälle gelten spezielle Regelungen und separate Abfallschlüssel.

Gefährliche Bau- und Abbruchabfälle sind in der Regel getrennt von anderen Abfällen zu halten.

Bedingt durch die Novellierung der Gewerbeabfallverordnung (GewAbfV) sollten Gemische aus nicht gefährlichen Bau- und Abbruchabfällen nur noch untergeordnet anfallen. Erzeuger und Besitzer von Bau- und Abbruchabfällen sollten grundsätzlich die folgenden Abfallfraktionen jeweils getrennt sammeln, befördern und vorrangig der Vorbereitung zur Wiederverwendung oder dem Recycling (§ 8 Kreislaufwirtschaftsgesetz (KrWG)) zuführen:
  1. Glas (Abfallschlüssel 17 02 02),
  2. Kunststoff (Abfallschlüssel 170203),
  3. Metalle, einschließlich Legierungen (Abfallschlüssel 170401 bis 170407 und 170411),
  4. Holz (Abfallschlüssel 170201),
  5. Dämmmaterial (Abfallschlüssel 170604),
  6. Bitumengemische (Abfallschlüssel 170302),
  7. Baustoffe auf Gipsbasis (Abfallschlüssel 170802),
  8. Beton (Abfallschlüssel 170101),
  9. Ziegel (Abfallschlüssel 170102) und
  10. Fliesen und Keramik (Abfallschlüssel 170103).
Darüber hinaus können weiterere Abfallfraktionen getrennt gesammelt werden. Auch eine weitergehende getrennte Sammlung innerhalb der oben genannten Abfallfraktionen kann vorgenommen werden.

Nur wenn eine getrennte Sammlung technisch nicht möglich oder wirtschaftlich nicht zumutbar ist, entfällt die Pflicht der Getrenntsammlung (siehe hierzu Menüpunkt Novellierung - GewAbfV sowie im Kapitel "Sammlung und Entsorgung" - Abfallbewirtschaftung - Sammlung und Bereitstellung).

170901* Bau- und Abbruchabfälle, die Quecksilber enthalten

Bau - und Abbruchabfälle können mit Quecksilber belastet sein, z. B. durch nicht getrennt ausgebaute technische Bauteile wie Pumpen, Schalter, Gleichrichter, Leuchtstoffröhren sowie nutzungsbedingt in ehemaligen Produktionsstätten bspw. zur Spiegelherstellung, zur Holzimprägnierung oder zur Chloralkali-Elektrolyse nach dem Amalgam-Verfahren.

Eine getrennte Erfassung der technischen Bauteile ist auf jeden Fall vorzunehmen. Diese können häufig unter folgende Abfallschlüssel eingestuft werden:
  • AS 160213* "gefährliche Bestandteile enthaltende gebrauchte Geräte mit Ausnahme derjenigen, die unter 160209 bis 160212 fallen"
  • AS 200135* "gebrauchte elektrische und elektronische Geräte, die gefährliche Bauteile enthalten, mit Ausnahme derjenigen, die unter 200121 und 200123 fallen"
  • AS 200121* Leuchtstoffröhren und andere quecksilberhaltige Abfälle
170902* Bau- und Abbruchabfälle, die PCB enthalten (z. B. PCB-haltige Dichtungsmassen, PCB-haltige Bodenbeläge auf Harzbasis, PCB-haltige Isolierverglasungen, PCB-haltige Kondensatoren)

Bis zum Verbot im Jahr 1989 wurden polychlorierte Biphenyle (PCB) angewendet, z. B. als Weichmacher, Flammschutzmittel, Trägeröl für Pestizide (Lindan), Dielektrikum, Wärmeüberträger-, Sperr-, Ausdehnungsflüssigkeit, Hydraulik- und Transformatorenöl. Bei Bau- und Abbruchabfällen können somit folgende Bestandteile PCB-haltig sein:
  • dauerelastische Fugenmassen
  • Dichtungsmassen, Kitte und Kleber
  • Bodenbeläge und Teppiche
  • Isolierverglasungen
  • Kondensatoren, z. B. in Elektro-Speicherheizgeräten
  • Reste von Kabelummantelungen
  • Akustik- und Holzdecken
  • Kunststoffplatten
  • Anstriche (dämmschichtbildend, Brandschutzanstrich, Wand- und Deckenfarben, Heizkörperlacke)
PCB-haltige Abfälle mit mehr als 50 mg/kg PCB müssen nach der PCBAbfallV von den übrigen Baumaterialien getrennt werden und als PCB-haltige Abfälle separat entsorgt werden. Dabei ist zu beachten, dass Oberflächenkontaminationen nach dem Entfernen z. B. von PCB-haltigen Dichtungsmassen, Klebern und Anstrichen durch Eindringen des Schadstoffes in den Untergrund (Sekundärkontamination z. B. in Betonwand) auftreten können, so dass auch der Untergrund entsprechend untersucht und eingestuft werden muss.

170903* sonstige Bau- und Abbruchabfälle (einschließlich gemischte Abfälle), die gefährliche Stoffe enthalten

Schadstoffbelastete gemischte Bauabfälle werden unter den Abfallschlüssel 170903* eingestuft. Schadstoffe wie PAK (z. B. durch Teerbestandteile), Asbest, PCB (z. B. durch Kleb- und Dichtungsmassen) sowie KMF (in Dämmstoffen) können typischerweise in Bau- und Abbruchabfällen vorkommen.

Art und Menge der Schadstoffe in den Bauabfällen sind herkunftsspezifisch und gehen häufig auf folgende Ursachen zurück:
  • Baumaterialien, z. B. teerhaltige Beschichtungen, HBCD-haltige Dämmstoffe, Spritzasbest
  • Bauprodukte, z. B. PCB-haltige Dichtungsmassen oder asbesthaltige Farben und Spachtelmassen
  • Nutzung,z. B. Kohlenwasserstoffe bei Tankstellen oder Metallsalze bei Galvanikbetrieben
  • Schadensereignisse, z. B. Brände oder Leckagen bei der Lagerung gefährlicher Stoffe
Sofern Art und Menge der vorgenannten Nebenbestandteile und Schadstoffe signifikant sind, ist zu prüfen, ob die Abfälle einem anderen, treffenderen Abfallschlüssel des Kapitels 17 zuzuordnen sind.

170904 gemischte Bau- und Abbruchabfälle mit Ausnahme derjenigen, die unter 170901, 170902 und 170903 fallen

Bedingt durch die Novellierung der GewAbfV sollten Gemische aus nicht gefährlichen Bau- und Abbruchabfälle nur noch untergeordnet anfallen. Die dennoch anfallenden gemischten Bau- und Abbruchabfälle können eine Vielzahl von unterschiedlichen mineralischen und nicht-mineralischen Materialien enthalten und müssen nach § 9 Absatz 3 GewAbfV unverzüglich einer Vorbehandlungs- oder Aufbereitungsanlage zugeführt werden (siehe Menüpunkt Novellierung - GewAbfV; sowie im Kapitel "Sammlung und Entsorgung" - Abfallbewirtschaftung - Verwertung).

Es ist darauf zu achten, dass hausmüllähnliche Abfälle, biologisch abbaubare Küchen- und Kantinenabfälle, biologisch abbaubare Garten- und Parkabfälle, gefährliche Abfälle sowie Bodenaushub und Straßenaufbruch auf jeden Fall getrennt gehalten werden.

Dämmstoffen aus Polystyrol wird häufig das persistente und als gefährlich eingestufte Flammschutzmittel HBCD zugesetzt. Gemischte Bauabfälle, die Polystyrol-Dämmmaterial enthalten, sind in der Regel keine gefährlichen Abfälle. Für diese Abfälle sind vorrangig die Regelungen der POP-Abfall-Überwachungs-Verordnung (POP-Abfall-ÜberwV) zu beachten, da diese eine speziellere Regelung ist als die Gewerbeabfallverordnung (GewAbfV).

 

Charakteristische Zusammensetzung

Inhaltsstoffe Gehalte / Konzentrationen Erläuterungen
170904 gemischte Bau- und Abbruchabfälle mit Ausnahme derjenigen, die unter 170901, 170902 und 170903 fallen 170903* sonstige Bau- und Abbruchabfälle (einschließlich gemischte Abfälle), die gefährliche Stoffe enthalten
mineralische Bestandteile bis 100 % Beton, Ziegel, Fliesen, Keramik, Mauermörtel, Estriche, Putze, Gips, Glas, mineralische Dämmstoffe ; Jeweiliger Anteil abhängig von der Art der verwendeten Baustoffe, vom Bauwerk und von der Sortierung/Vorbehandlung
Gemisch aus nicht-mineralischen Bestandteilen bis 100 % z. B. Holz, Metalle, Bitumen, Kunststoffe, andere als mineralische Dämmstoffe
materialbedingte Schadstoffe bauwerksbedingte Schadstoffe z. B. Teer, PCB-haltige Dicht- und Klebmassen, oder nutzungsbedingte organische und anorganische Verunreinigungen, z. B. Ruß, Kohlenwasserstoffe o. ä.
170901* Bau- und Abbruchabfälle, die Quecksilber enthalten
technische Bauteile z. B. Pumpen, Schalter, Gleichrichter, Leuchtstoffröhren
nutzungsbedingte Quecksilberrückstände in alten Produktionsstätten z. B. zur Spiegelherstellung, zur Holzimprägnierung oder bei der Chloralkali-Elektrolyse im Amalgam-Verfahren
170902* Bau- und Abbruchabfälle, die PCB enthalten (z.B. PCB-haltige Dichtungsmassen, PCB-haltige Bodenbeläge auf Harzbasis, PCB-haltige Isolierverglasungen, PCB-haltige Kondensatoren)
PCB-haltige Dichtungsmassen, Kleber PCB z. B. in Weichmacher, Flammschutzmittel
PCB-haltige Bodenbeläge und Teppiche, Kunststoffplatten, Akustikplatten PCB z. B. in Weichmacher, Flammschutzmittel
PCB-haltige Isolierverglasungen PCB z. B. als Wärmeüberträger-, Sperr-, Ausdehnungsflüssigkeit
PCB-haltige Kondensatoren, z. B. in Elektro-Speicherheizgeräten PCB z. B. in Hydraulik- und Transformatorenöl und als Dielektrikum
PCB-haltige Anstriche (dämmschichtbildend, Brandschutzanstrich, Wand- und Deckenfarben, Heizkörperlacke) PCB z. B. in Weichmacher, Flammschutzmittel und Wärmeübertragungsmittel
PCB-haltige Holzdecken, Furniere und sonstige Holzbaustoffe PCB z. B. in Beschichtungen mit Flammschutzmittel

 

Glossar
  PAKpolycyclische aromatische Kohlenwasserstoffe aus mindestens zwei verbundenen aromatischen Ringen, die überwiegend bei unvollständiger Verbrennung entstehen (oft angelagert an Ruß) und meist eine hohe Toxizität und Persistenz aufweisen, z. B. Benzo[a]pyren
  PCBpolychlorierte Biphenyle, Stoffgruppe mit 209 Verbindungen, die früher u. a. in Trafo-, Wärmeträger- und Hydraulikölen sowie Weichmachern enthalten waren, unterfallen der POP-Verordnung (im Anhang I bzw. IV aufgeführt), da sie chronisch toxisch, bioakkumulierbar und persistent sind
  Asbest Sammelbezeichnung für verschiedene, natürlich vorkommende, faserförmige Silikat-Minerale, die beim Einatmen karzinogen sein können, z. B. Chrysotil, Krokydolith, Amosit, Anthophyllit, Aktinolith und Tremolit
  KMFkünstliche Mineralfasern, synthetische, anorganische Fasern, kristallin oder glasartig, wie z. B. Dämmwolle aus Glas oder Gestein, Endlosglasfasern, Keramikfasern; biobeständige und lungengängige Fasern können Krebs erzeugen
  GalvanikVeredelungsverfahren, bei dem in einem elektrolytischen Bad mit Hilfe von Strom metallische Überzüge auf meist ebenfalls metallischen Bauteilen abgeschieden werden
  HBCDHexabromcyclododecan, auch HBCDD abgekürzt, ringförmiger, bromierter Kohlenwasserstoff mit 16 Isomeren, als additives Flammschutzmittel überwiegend in Polystyrolschaum (z. B. in Dämmstoffen) verwendet, aufgenommen in der POP-Verordnung (im Anhang I bzw. IV aufgeführt)
  Chloralkali-Elektrolyse(verschiedene) elektrochemische Verfahren zur Herstellung der wichtigen Grundchemikalien Natronlauge (NaOH), Chlor (Cl2) und Wasserstoff (H2) aus Natriumchlorid, wobei Steinsalz in Wasser gelöst und elektrolysiert wird
  Amalgam-Verfahrenein Verfahren der Chloralkali-Elektrolyse, bei welchem eine Titan-Anode (bis in die 1970er Jahre Graphit-Anode) und eine Quecksilber-Kathode verwendet werden und sich zunächst Natriumamalgam (NaHg) bildet, wobei aufgrund der Quecksilberbelastung bestehende Anlagen umgerüstet oder stillgelegt werden sollten (BVT-Merkblatt Chloralkaliindustrie)
  DielektrikumVakuum oder Stoff mit sehr geringer elektrischer Leitfähigkeit, genutzt als Isolator in einem elektrischen Feld, z. B. der Isolierstoff zwischen Kondensatorplatten oder in Koaxialkabeln

 

Quellenverzeichnis
(Quellen, wenn nicht anders angegeben, in der aktuellen Fassung)
  EU - Europäische Union
  DE - Bundesrepublik Deutschland
  BW - Baden-Württemberg
  BY - Bayern
  BE - Berlin
  BB - Brandenburg
  HE - Hessen
  NI - Niedersachsen
  NW - Nordrhein-Westfalen
  RP - Rheinland-Pfalz
  SN - Sachsen