IPA - Home > Abfallsteckbrief - 1902 Chemisch-physikalische Behandlung von organisch belasteten Abfällen, Stand 03.03.2009

Schadstoffe und gefährliche Eigenschaften

 

 

Schadstoffe

Organische Schadstoffe

Bei allen CPB-Rückständen aus der Behandlung organischer Abfälle stellen die organischen Inhaltsstoffe, zumeist Öle und Fette, die für die Einstufung und Entsorgung relevante Verunreinigung dar. Der Gehalt an Kohlenwasserstoffen liegt bei allen Rückständen nahezu ausschließlich oberhalb 8.000 mg/kg. Das Gefahrenpotenzial der enthaltenen Kohlenwasserstoffe hängt jedoch wesentlich von der Art und Herkunft des Ausgangsmaterials ab, z. B. Benzin, Diesel oder Schmier- und Kühlmittel mit komplexen Additiven. Aufgrund der vielfältigen Herkunft können halogenhaltige organische Anteile nicht ausgeschlossen werden, z. B. chlorhaltige Additive aus der Metallbearbeitung. Sie dürften jedoch in der Regel aufgrund der geringen Konzentration nicht einstufungsrelevant sein. Ausnahmen könnten bei der Behandlung von organischen Abfällen aus Schadensfällen oder aus Sonderbereichen, z. B. Deponiesickerwasser, auftreten, wo ggf. mit persistenten Stoffen zu rechnen ist.

Die endgültige Einstufung der Umweltrelevanz setzt eine genaue Betrachtung des Einzelfalls voraus.

Metalle

Die Metallgehalte in den Schlämmen 190205*/06 sind bedingt durch das zu behandelnde Ausgangsmaterial. Bei Öl-Wasser-Gemischen und Emulsionen aus der metallverarbeitenden Industrie sind Aluminium, Chrom, Eisen, Kupfer, Nickel und Zink vertreten, die z. B. als Hydroxide oder Sulfide vorliegen. Blei und Cadmium kommen aufgrund der chemikalienrechtlichen Restriktionen nur noch in bestimmten Bereichen vor. Eisen- und Aluminiumgehalte können auch durch das Flockungsmittel bedingt sein.

Bei den Abfallarten 190207*, 190208*/10 und 190209*/10 ist der Metallgehalt allgemein gering und dürfte daher nicht einstufungsrelevant sein. Eine Ausnahme bilden die sonstigen Abfälle 190211* aus der Abwassernachbehandlung. Dabei handelt es sich überwiegend um beladene, gesättigte Adsorptionsmaterialien, z. B. Ionenaustauscherharze oder Aktivkohle, die aufgrund ihrer Metallgehalte und deren Bioverfügbarkeit als gewässergefährdend einzustufen und einer WGK zuzuordnen sind.

Sonstige anorganische Schadstoffe

Sonstige organische Schadstoffe lassen sich aufgrund der vielfältigen Herkunft nur ungenügend spezifizieren. Anzumerken ist, dass Emulsionen bestimmter Herkunftsbereiche Nitrit enthalten können, das in einer der Emulsionsspaltung vorgelagerten Stufe entgiftet werden muss (mittels Oxidation zu Nitrat).

 

Gefährliche Eigenschaften

Gefährliche Abfälle sind in der Abfallverzeichnis-Verordnung (AVV) mit einem Sternchen (*) gekennzeichnet. Von ihnen wird angenommen, dass sie mindestens eine gefahrenrelevante Eigenschaft nach Anhang III der Richtlinie 2008/98/EG besitzen. Einige Abfallarten sind aufgegliedert in gefährliche (*) und in nicht gefährliche Abfälle (sogenannte Spiegeleinträge), bei denen die Einstufung als "gefährlich" vom Gehalt gefährlicher Stoffe abhängig gemacht wird.

Die Regelungen für den Abfallbereich beruhen u. a. auf den Rechtsvorschriften der Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 (CLP-Verordnung) und gelten seit dem 01.06.2015 im europäischen Recht. Im deutschen Abfallrecht ist die AVV durch die Verordnung zur Umsetzung der novellierten abfallrechtlichen Gefährlichkeitskriterien geändert worden (siehe hierzu die Rubrik - Aktuelles zur AVV).

In der folgenden Tabelle wird aus Gründen der Übersichtlichkeit nicht die vollständige Stoffeinstufung dargestellt, die bei Bedarf in Stoffdatenbanken, z. B. Einstufungs- und Kennzeichnungsverzeichnis der ECHA (EU), GESTIS (DE), GisChem (DE), GSBL (DE) oder IGS (NW), verlinkt im Quellenverzeichnis, nachgesehen werden kann.
Schadstoffe Gehalte / Konzentrationen Erläuterungen
Schlämme 190205*/06
Kohlenwasserstoffe bis zu 30 % Aufgrund der hohen Konzentration maßgebend für die Umweltrelevanz; stoffabhängige Einstufung, im allgemeinen gesundheitsschädlich, gewässergefährdend, entzündbar, teilweise akut toxisch
NE-Schwermetalle < 3 % Die Metalle liegen als Hydroxid- bzw. Sulfidverbindung vor und sind in den Gehalten nicht gefahrenrelevant
sonstige Schadstoffe < 3 % Herkunftsbedingt können Stoffe enthalten sein, die vorab entgiftet werden müssen, z. B. Nitrit
Öl und Konzentrate 190207*
Kohlenwasserstoffe < 90 % Aufgrund der hohen Konzentration maßgebend für die Umweltrelevanz; stoffabhängige Einstufung, im allgemeinen gesundheitsschädlich, gewässergefährdend, entzündbar, teilweise akut toxisch
Flüssige brennbare Abfälle 190208*/10
Öle und Fette < 30 % Aufgrund der hohen Konzentration maßgebend für die Umweltrelevanz; stoffabhängige Einstufung, im allgemeinen gesundheitsschädlich, gewässergefährdend, entzündbar, teilweise akut toxisch
sonstige Kohlenwasserstoffe, z. B. Spaltmittel Organische Spaltmittel sind nicht als gefahrenrelevant eingestuft
Sonstige Abfälle 190211* (Adsorbermaterialien)
NE-Metalle Gesättigte Ionenaustauscherharze weisen einen hohen Metallanteil auf, der bioverfügbar ist; sie sind als gesundheitsschädlich, gewässergefährdend eingestuft und einer WGK zugeordnet
Organische Inhaltsstoffe Einzelfallbetrachtung in Abhängigkeit des zu behandelnden Ausgangsmaterials

 

Auswertungen aus der Abfallanalysendatenbank ABANDA

In der folgenden Tabelle sind Links zur Abfallanalysendatenbank ABANDA angegeben, mit deren Hilfe Sie Informationen zur chemischen Zusammensetzung der Abfälle erhalten. Zu jeder Abfallart ist in der Tabelle die Anzahl der vorhandenen Analysen angegeben. (Bei weniger als 10 Analysen sind keine sinnvollen statistischen Auswertungen möglich und es wird deshalb nicht nach ABANDA verlinkt).
Abfallarten Anzahl der
Analysen
190205* Schlämme aus der physikalisch-chemischen Behandlung, die gefährliche Stoffe enthalten 956   Analytik
190206  Schlämme aus der physikalisch-chemischen Behandlung mit Ausnahme derjenigen, die unter 19 02 05 fallen 5
190207* Öl und Konzentrate aus Abtrennprozessen 225   Analytik
190208* flüssige brennbare Abfälle, die gefährliche Stoffe enthalten 153   Analytik
190209* feste brennbare Abfälle, die gefährliche Stoffe enthalten 24   Analytik
190211* sonstige Abfälle, die gefährliche Stoffe enthalten 42   Analytik

 

Einstufung von Abfällen in gefährliche bzw. nicht gefährliche Abfälle

Die Abfallverzeichnis-Verordnung (AVV) enthält 842 Abfallarten, davon sind 408 als gefährlich eingestuft und mit einem Sternchen (*) gekennzeichnet. Allerdings wird nur ein Teil dieser Abfallarten als absolut gefährlich eingestuft. Bei 180 dieser gefährlichen Abfallarten kann alternativ auch eine als nicht gefährlich gekennzeichnete Abfallart ausgewählt werden, wobei dann von so genannten Spiegeleinträgen gesprochen wird.

Ein Abfall aus einem Spiegeleintrag wird im Abfallverzeichnis als gefährlich eingestuft, wenn dieser Abfall relevante gefährliche Stoffe enthält, aufgrund derer er eine oder mehrere der in Anhang III der Richtlinie 2008/98/EG aufgeführten gefahrenrelevanten Eigenschaften HP1 bis HP8 oder HP10 bis HP15 aufweist. Das Vorliegen der gefahrenrelevanten Eigenschaft HP9 wird angenommen, wenn Abfälle mit gefährlichen Erregern behaftet sind.

Bestimmte persistente organischen Schadstoffe (POP) können nach Nr. 2.2.3 in der Anlage zur AVV ebenfalls zu einer Einstufung als gefährlicher Abfall führen (siehe "Aktuelles zur AVV"). Enthalten Abfälle diese POP oberhalb der Grenzwerte gemäß Anhang IV der Verordnung (EG) Nr. 2019/1021 (POP-Verordnung) in der Fassung vom 20.06.2019, werden diese Abfälle als gefährlich eingestuft

Die Europäische Kommission hat einen Technischen Leitfaden zur Abfalleinstufung (2018/C 124/01) bekannt gemacht (siehe Quellen). Auch die Länderarbeitsgemeinschaft Abfall (LAGA) hat Technische Hinweise zur Einstufung von Abfällen nach ihrer Gefährlichkeit veröffentlicht (siehe Quellen). Die LAGA-Hinweise stellen vereinfachte Grenzwertlisten für den Fall bereit, dass keine genauen Informationen zur stofflichen Zusammensetzung der Abfälle vorliegen, um eine Gefährlichkeitseinstufung nach Anhang III der Richtlinie 2008/98/EG durchführen zu können. Einige Länder haben die LAGA-Hinweise zur Anwendung empfohlen (siehe „Aktuelles zur AVV“) oder planen dies. Neben den LAGA-Hinweisen sind ggf. zusätzliche oder abweichende länderspezifische Anforderungen bei der Abfalleinstufung zu beachten.

Diese Informationen werden derzeit für IPA aufbereitet und sollen zukünftig wieder hier dargestellt werden.
NW - Nordrhein-Westfalen
  Hazard-Check

 

 

Hinweis
Aufgrund der vielfältigen Anwendungsmöglichkeiten von chemisch-physikalischen Behandlungsanlagen können die Rückstände eine große Bandbreite an gefährlichen Stoffen in unterschiedlicher Zusammensetzung enthalten. Für die Beurteilung der Umweltrelevanz ist daher der Einzelfall zu betrachten, insbesondere das Annahmeprofil bzw. die Annahmebedingungen sowie die technische Ausstattung und Betriebsweise der Anlage.

 

Glossar
  FlockungVerfahren zur Fest-Flüssig-Trennung durch Zugabe eines Flockungsmittels, wobei sich die entstehenden Flocken entweder absetzen (Sedimentation) oder abfiltrieren lassen
  CLPClassification, Labelling and Packaging (Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung)
  CLP-VerordnungVerordnung (EG) Nr. 1272/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2008 über die Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von Stoffen und Gemischen, zur Änderung und Aufhebung der Richtlinien 67/548/EWG und 1999/45/EG und zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006; gültig nur in der jeweils aktuellen Fassung auf Grundlage der regelmäßigen Anpassungen an den technischen Fortschritt durch entsprechende Anpassungsverordnungen
  StoffrichtlinieRichtlinie 67/548/EWG des Rates über die Einstufung, Verpackung und Kennzeichnung gefährlicher Stoffe
  WGKWassergefährdungsklasse; Potential von Stoffen und Gemischen, die Eigenschaft von Wasser nachteilig zu ändern; gemäß AwSV: nicht wassergefährdend (nwg), allgemein wassergefährdend (awg), WGK 1 = schwach wassergefährdend, WGK 2 = deutlich wassergefährdend, WGK 3 = stark wassergefährdend
  HPhazardous property, 15 Gefährlichkeitskriterien aus Anhang III der Direktive 2008/98/EG (Abfallrahmenrichtlinie), die der Einstufung von Abfällen dienen, z. B. explosiv, brandfördernd, entzündbar, reizend, gesundheitsschädlich

 

Quellenverzeichnis
(Quellen, wenn nicht anders angegeben, in der aktuellen Fassung)
  EU - Europäische Union
  DE - Bundesrepublik Deutschland
  BW - Baden-Württemberg
  BY - Bayern
  BE - Berlin
  BB - Brandenburg
  HB - Bremen
  HH - Hamburg
  HE - Hessen
  MV - Mecklenburg-Vorpommern
  NI - Niedersachsen
  NW - Nordrhein-Westfalen
  RP - Rheinland-Pfalz
  SL - Saarland
  SN - Sachsen
  ST - Sachsen-Anhalt
  TH - Thüringen