IPA - Home > Abfallsteckbrief - 1201 Bearbeitungsöle, -emulsionen und -lösungen, Stand 26.05.2017

Herkunft und charakteristische Zusammensetzung

 

 

Herkunft

Allgemein

Der Abfallstrom der Bearbeitungsöle sowie -emulsionen und -lösungen fällt durch den Gebrauch von Kühlschmierstoffen (KSS) bei der maschinellen spanenden Bearbeitung und mechanischen spanlosen Oberflächenbearbeitung von Metallen an. Fette und Wachse werden vor allem bei Umformprozessen im Bereich der sogenannten Kaltumformung als Prozesshilfsmittel eingesetzt.

Die mitunter komplexen kohlenwasserstoffhaltigen Vielkomponentengemische haben grundsätzlich die Aufgabe,
  • die Reibung zwischen einem zu bearbeitenden Werkstück und dem dafür nötigen Werkzeug durch Schmierung zu reduzieren,
  • die entstehende Wärme abzuführen (Kühlung des Werkstücks und -zeuges),
  • den Metallabrieb bzw. die Späne zu entfernen sowie
  • den Korrosionsschutz zu gewährleisten.

Die komplexen kohlenwasserstoffhaltigen Gemische, welche auf mineralischen, synthetischen oder pflanzlichen Ölen basieren, können in
  • nichtwassermischbare KSS (gebrauchsfertig, KSS-Öl),
  • wassermischbare KSS (konzentriert, zur Anwendung mit Wasser mischen) oder
  • wassergemischte KSS (gebrauchsfertig)

unterteilt werden. Bei den Auswahlkriterien für die eingesetzten KSS sowie der Fette und Wachse sind technologische, arbeitsmedizinische und umweltbedingte Anforderungen relevant.

Je nach Anwendungsfall kann die Zusammensetzung der KSS bzw. des Fettes/Wachses sehr unterschiedlich sein und somit auch die Zusammensetzung des entstehenden Abfalls. Grundsätzlich sind die Abfälle durch die gebrauchten Hilfsstoffe, deren ursprüngliche Inhaltsstoffe und Verunreinigungen durch das bearbeitete Werkstück (z. B. Metalle, Schmutz) geprägt. Ein KSS kann aus bis zu 30 verschiedenen Komponenten bestehen, u. a. aus dem Basisöl und Additiven. Additive, z. B. Fettsäuren oder Biozide, werden zur Eigenschaftsverbesserung verwendet.

120106*/07*/10* Bearbeitungsöle

Gemäß DIN 51 385 "Schmierstoffe - Bearbeitungsmedien für die Umformung und Zerspanung von Werkstoffen" (DIN 51385) werden Bearbeitungsöle auch als nichtwassermischbare KSS oder KSS-Öle bezeichnet. Diese sind in der Regel Mischungen aus Grundölen (Basisstoffe), eigenschaftsverbessernden Additiven (Fettsäuren, Phosphor-, Schwefelverbindungen) und Begleitstoffen (z. B. unbeabsichtigte Verunreinigungen wie Schmutz oder Rost). Im noch ungebrauchten Zustand werden die im KSS enthaltenen Stoffe als Primärstoffe bezeichnet. Je nach KSS-Typ und Anforderungen besteht ein KSS-Öl aus mindestens fünf Einzelkomponenten. Halogenhaltige Verbindungen (z.B. Chloralkene) werden in der Regel nicht verwendet, können allerdings aus Altbeständen anfallen.

Die KSS-Öle werden prozessbedingt mit Sekundärstoffen wie Abrieb (z. B. mineralische Bestandteile), Metallen (werkstoffabhängig), Chemikalien (z. B. Bettbahn- oder Hydrauliköle) und Schmutz verunreinigt und verlieren insgesamt mit zunehmender Einsatzzeitihre gewünschten Eigenschaften.
In der Regel werden jedoch Badpflegemaßnahmen ergriffen und die KSS-Öle im Kreislauf gefahren. Eingetragene Späne und Abrieb werden mittels Sedimentation oder Filtration von den Ölen abgetrennt. Die hier entstehenden Bearbeitungsschlämme sind detailliert im Steckbrief 1201 "Bearbeitungsschlämme" beschrieben.
Von verbrauchten KSS-Ölen können Gesundheitsgefahren (z. B. über eine zunehmende Keimbelastung) ausgehen, wodurch ein regelmäßiger Austausch notwendig wird.

120108*/09*Bearbeitungsemulsionen und -lösungen

Gemäß DIN 51385 werden Bearbeitungsemulsionen und -lösungen auch als wassermischbare KSS (Konzentrate), KSS-Emulsionen und -Lösungen bezeichnet. Wassermischbar bezeichnet in der Regel den Anlieferungszustand, es handelt sich um ein Kühlschmierstoffkonzentrat. Erst nach Zugabe von Ansetzwasser entsteht der anwendungsfertige Kühlschmierstoff.

Es wird unterschieden zwischen
  • emulgierbaren Kühlschmierstoffen, die bei Mischung mit Wasser eine Öl-in-Wasser-Emulsion bilden und im gebrauchsfertigen Zustand als Kühlschmierstoff-Emulsion bezeichnet werden und
  • wasserlöslichen Kühlschmierstoffen, die bei Mischung mit Wasser vollständig in Lösung gehen und deshalb KSS-Lösung genannt werden.

KSS-Emulsionen und KSS-Lösungen sind in der Regel Mischungen aus Wasser, Grundölen (Basisstoffen) und eigenschaftsverbessernden Additiven (z. B. Korrosionsinhibitoren, Mikrobiozide, Antischaummittel) und bestehen, je nach Typ und Anforderungen, aus mindestens fünf Einzelkomponenten (Primärstoffe). Halogenhaltige Verbindungen (z. B. Chloralkene) werden in der Regel nicht mehr eingesetzt, können in Einzelfällen aus Altbeständen anfallen.

Die Emulsionen und Lösungen werden durch den Bearbeitungsprozess mit Sekundärstoffen wie Abrieb, Metallen, Chemikalien und Schmutz verunreinigt. Sie werden in der Regel im Kreislauf gefahren und eingetragene Späne und Abrieb mittels Sedimentation oder Filtration abgetrennt. KSS-Emulsionen und KSS-Lösungen erfordern wegen der Verkeimungsgefahr einen hohen Pflege- und Überwachungsaufwand.

120112* Fette und Wachse

Beim Kaltumformen (Tiefziehen, Hochprägen, Stanzen, Biegen, Kaltfließpressen, Kaltschmieden, Kaltwalzen, Ziehen) von Drähten und Profilen und ggf. bei der Massivumformung von Metallen werden u. a. Fette und Wachse als Schmierstoffe eingesetzt, denen eigenschaftsverbessernde Additive zugesetzt sind, z. B. Antioxidantien, Hochdruck- und verschleißmindernde Zusätze sowie Korrosions- und Hitzebeständigkeitszusätze.

Bei den Additiven handelt es sich, ähnlich den in KSS enthaltenen Additiven, zumeist um halogenfreie Stoffe, z. B. Schwefel- und Phosphatverbindungen. Halogenhaltige Additive, z. B. Chloralkene, werden nur noch selten eingesetzt.

120119* Biologisch leicht abbaubare Bearbeitungsöle

Biologisch leicht abbaubare Bearbeitungsöle, KSS-Öl auf nativer Basis, gewinnen zunehmend an Bedeutung. Insgesamt handelt es sich dabei um Kohlenwasserstoffe auf pflanzlicher oder Esterbasis, die gebrauchsbedingt mit Metallen, Chemikalien, Abbau- bzw. Reaktionsprodukten (aus katalytischen und thermischen Prozessen) und anderen Verunreinigungen angereichert werden und daher als gefährlicher Abfall einzustufen sind. Hintergrund für die Einstufung sind vor allem die enthaltenden Additive sowie die möglichen Schadstoffeinträge aus dem Bearbeitungsprozess.

Bei der Anwendung kann eine höhere Anfälligkeit zur Verkeimung bestehen, wodurch die Standzeiten des Öls im Vergleich zu konventionellen Produkten geringer ausfallen bzw. Biozideinsätze zur Konservierung zunehmen.

 

 

Schleifender Prozess mit KSS (Quelle: ABAG-itm)
Spanender Prozess mit KSS (Quelle: ABAG-itm)

 

Charakteristische Zusammensetzung

Inhaltsstoffe Gehalte / Konzentrationen Erläuterungen
120106*/07* Bearbeitungsöle
Grundöl 85 - 90 % Mineralöle, synthetische Öle, Ester
Additive 5 - 15 % ca. 300 verschiedene Produkte, die wichtigsten Gruppen sind Hochdruckzusätze und Antioxidantien, z. B. Fettsäuren, Phosphor-, Schwefel- und vereinzelt noch Chlorverbindungen
Verunreinigungen 1 - 10 % durch den Prozess eingetragene Fremdöle, z. B. Korrosionsschutz-, Bettbahn- und Hydrauliköle, sowie Feststoffe, insbesondere feine Späne und Schleifscheibenabrieb
120108*/09* Bearbeitungsemulsionen und -lösungen
Wasser > 70 % der Wasseranteil variiert je nach Produkt und Anwendungsbereich, verworfene KSS weisen ggf. auch geringere Wasseranteile auf
Konzentrat mit Additiven (Emulsion) 5 - 17 % Konzentrate für KSS-Emulsionen bestehen aus einem Emulgatorsystem mit eigenschaftsverbessernden Additiven, z. B. Hochdruckzusätze, Korrosionsinhibitoren, Antischaummittel und Mikrobiozide
Konzentrat mit Additiven (Lösung) 2 - 7 % Konzentrate für KSS-Lösungen bestehen in erster Linie aus wasserlöslichen organischen Stoffen, z. B. Polyalkylenglykole, und Additiven, z. B. Korrosionsschutzmittel, Tenside und Biozide
Systemreiniger 2 - 3 % vor dem Austausch einer durch Keime verunreinigten Emulsion werden teilweise so genannte Systemreiniger zugesetzt, Sie enthalten hohe Anteile an Tensiden und ggf. Bioziden, um Keime abzutöten
Verunreinigungen 2 - 10 % durch den Prozess eingetragene Fremdöle, z. B. Korrosionsschutz-, Bettbahn- und Hydrauliköle, sowie Feststoffe, insbesondere feine Späne und Schleifscheibenabrieb
120112* Fette und Wachse
Fette und Wachse 80 - 100 % breite Typenvielfalt auf Mineralöl-, synthetischer-, tierischer- und pflanzlicher Basis
Additive bis 20 % eigenschaftsverbessernde Additive, z. B. Antioxidantien, Hochdruck- und verschleißmindernde Zusätze, Korrosionsschutzmittel und Hitzebeständigkeitsverbesserer
Verunreinigungen 1 - 10 % die in verbrauchten Fetten und Wachsen enthaltenen Verunreinigungen beinhalten im wesentlichen Abrieb von den bearbeiteten Werkstoffen
120110* synthetische Öle, 120119* Biologisch leicht abbaubare Bearbeitungsöle
Grundöl 80 - 100 % Öle auf pflanzlicher/synthetischer Basis, auch in veredelter Form, z. B. Ester
Additive 5 - 20 % eigenschaftsverbessernde Additive, z. B. Hochdruckzusätze und Fettsäuren als Antioxidantien, die Additive dürfen die biologische Abbaubarkeit nicht unzulässig beeinträchtigen
Verunreinigungen 1 - 10 % durch den Prozess eingetragene Fremdöle, z. B. Korrosionsschutz-, Bettbahn- und Hydrauliköle, sowie Feststoffe, insbesondere feine Späne und Schleifscheibenabrieb

 

Hinweis
Bei der spanenden bzw. schleifenden Metallbearbeitung werden Kühlschmierstoffe (KSS) verwendet. Neben dem zu bearbeitenden Werkstoff ist das Bearbeitungsverfahren ausschlaggebend, ob und welche KSS eingesetzt werden oder ob eine trockene Bearbeitung möglich ist. Neuere Entwicklungen bei Werkzeugen (Beschichtungen, neue Werkstoffe, andere Geometrien) ermöglichen heute teilweise eine Trockenbearbeitung oder zumindest die Verringerung von Kühlschmierstoffen durch Minimalmengen-Schmierung (MMS).


Information über die verschiedenen KSS-Typen und deren Zusammensetzung finden Sie im Abfallsteckbrief 1201 "Bearbeitungsschlämme".

Als zusätzliche Informationsquelle für eine detaillierte Zusammensetzung der gefährlichen Inhaltsstoffe des angewandten KSS ist im Einzelfall das Sicherheitsdatenblatt vom liefernden bzw. herstellenden Unternehmen heranzuziehen. Neben der Einstufung und Kennzeichnung werden u. a. die gefährlichen Inhaltsstoffe aufgeführt. Die Gefährdungsabschätzung eines Abfalls und seine Zuordnung zum richtigen Abfallschlüssel sowie zur geeigneten Entsorgungsmöglichkeit setzt i.d.R. eine chemisch-physikalische Analyse voraus.

Ergänzende Informationen zum jeweils angewandten KSS können außerdem über eine Suchfunktion nach CAS-Nummer oder Namen des KSS auf der Informationsplattform des Forschungs- und Beratungsinstitutes Gefahrstoffe GmbH (FoBiG) ermittelt werden, welche von der Berufsgenossenschaft Holz und Metall (BGHM) in Auftrag gegeben wurde. Eine Verlinkung zur Internetseite des FoBiG ist im Quellenverzeichnis zu finden.

 

Glossar
  Kühlschmierstoffbei trennenden und umformenden Metallbearbeitungsprozessen eingesetzter Hilfsstoff, der durch seine Kühl-, Spül- und Schmierfunktion die Effektivität des Bearbeitungsprozesses steigert
  synthetische ÖleGrundöle, die nicht durch Destillation und Raffination aus Erdöl gewonnen, sondern synthetisch hergestellt werden und häufig eine bessere thermische und chemische Stabilität als Mineralöle aufweisen
  Esterorganische Verbindungsklasse, die u. a. auch ölartige Eigenschaften und Vorteile gegenüber mineralischen Schmierölen aufweisen kann
  BiozideStoffe / Zubereitungen mit der Eigenschaft, Schadorganismen abzutöten oder zumindest in ihrer Lebensfunktion einzuschränken, z.B. Holzschutzmittel, Insektizide, Desinfektionsmittel
  TiefziehenUmformverfahren, bei dem aus ebenen Blechzuschnitten einseitig offene Hohlkörper ohne gewollte Reduzierung der Blechdicke entstehen, z. B. bei Karosserieteilen im Fahrzeugbau
  KaltfließpressenUmformverfahren, bei dem ein massives, dreidimensionales metallisches Werkstück ohne Erwärmung gepresst und umgeformt wird
  Grundöleerdölbasierte oder synthetische Öle als Grundlage von Schmierstoffen wie Motoren-, Maschinen-, Hydraulik- oder synthetischen Leichtlaufölen
  Kaltumformenplastisches Umformen von Metallen unterhalb der Rekristallisationstemperatur, wie Tiefziehen, Biegen, Dengeln 
  EmulgatorenHilfsstoffe, die dazu dienen, zwei nicht miteinander mischbare Flüssigkeiten, wie zum Beispiel Öl und Wasser, zu einem fein verteilten Gemisch, der sogenannten Emulsion, zu vermengen und zu stabilisieren
  AdditiveStoffe / Zubereitungen, die Produkten in unterschiedlichen Mengen zugesetzt werden, um deren natürliche Eigenschaften zu verändern bzw. zu verbessern oder um gewünschte Eigenschaften zu erreichen, die das Produkt von Natur aus nicht besitzt
  Antioxidantienchemische Verbindung, die eine Oxidation anderer Substanzen verlangsamt oder gänzlich verhindert

 

Quellenverzeichnis
(Quellen, wenn nicht anders angegeben, in der aktuellen Fassung)
  EU - Europäische Union
  Beste verfügbare Techniken - (BVT), Download der BVT-Merkblätter, hier "Stahlverarbeitung", UBA (Reference Document on Best Available Techniques in the Ferrous Metals Processing Industry, UBA, December, 2001)
  DE - Bundesrepublik Deutschland
  BW - Baden-Württemberg
  Untersuchung von Betrieben der spanenden Metallbearbeitung - Branchengutachten, LUBW, 1996
  Betrieblicher Umweltschutz in der Metallbearbeitung, Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft Baden-Württemberg
  Branchenspezifische Checkliste - Spanende Metallverarbeitung, ABAG-itm
  Informationsangebot des Ministeriums für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft Baden-Württemberg, Europäisches Abfallverzeichnis - Handbücher (3 Bände)
   Handbuch zum richtigen Umgang mit dem europäischen Abfallverzeichnis 2001/118/EG, Ministerium für Umwelt und Verkehr Baden-Württemberg, Februar 2003
  BY - Bayern
  NI - Niedersachsen