IPA - Home > Abfallsteckbrief - 1201 Strahlmittelabfälle, Stand 02.07.2015

Schadstoffe und gefährliche Eigenschaften

 

 

Schadstoffe

Allgemein

Die zugelassenen mineralischen, metallischen und organischen Strahlmittel enthalten in ihrer Ausgangsform keine Schadstoffe in einstufungsrelevanten Konzentrationen. Art und Menge der Schadstoffe in einem gebrauchten Strahlmittel und damit dessen gefährliche Eigenschaften sind im Allgemein durch das abgetragene Material bestimmt. Dabei handelt es sich je nach Anwendungsfall um organische bzw. anorganische Schadstoffe, die dem abzustrahlenden Werkstück (Strahlgut) in Form von Beschichtungen, Verunreinigungen o. ä. anhaften oder aus dem Werkstück selbst stammen.

Aufgrund der vielfältigen Anwendungsfälle ist mit unterschiedlichsten Schadstoffen zu rechnen. Es ist daher stets der Einzelfall zu betrachten, um die gefährlichen Eigenschaften des Abfalls und dessen Entsorgung festlegen zu können. Da vielfach keine belastbaren Informationen über das abgestrahlte Material und dessen Eigenschaften vorliegen, sind ggf. analytische Untersuchungen erforderlich. Bei der Bewertung der Strahlmittelabfälle ist zu beachten, dass auch Gegenstände gestrahlt werden können, die vor längerer Zeit hergestellt bzw. beschichtet worden sind, so dass mit gefährlichen Stoffen zu rechnen ist, deren Einsatz heute verboten oder eingeschränkt ist.

Organische Schadstoffe

Beim Abtrag von älteren Beschichtungen (z. B. Teeren, Harzen) an Stahlbauwerken, Schiffskörpern und Tanks ist mit schädlichen organischen Stoffen zu rechnen, z. B. PAK (krebserzeugend) oder PCB (organschädigend, gewässergefährdend).
Die bei Schiffen verwendeten Antifoulinganstriche enthielten früher vielfach Tributylzinnoxid (giftig, gewässergefährdend). Heute können diese Anstriche fein verteiltes Kupfer (gewässergefährdend), Kupfer-I-oxid (gesundheitsschädlich, gewässergefährdend) und Biozide wie Diuron (seit 2008 verboten) oder Cybutryn (seit 2017 verboten) enthalten. Viele Biozide sind vermutlich krebserzeugend, giftig bzw. gesundheitsschädlich und gewässergefährdend.
Im Produktionsbereich angewandte Strahlmittel enthalten oftmals Mineralölkohlenwasserstoffe (gewässergefährdend).

Anorganische Schadstoffe

Bei den anorganischen Schadstoffen handelt es sich überwiegend um Metalle bzw. Metallverbindungen, die den abzustrahlenden Beschichtungen, z. B. Korrosionsschutzanstrichen, oder dem Werkstück, z. B. Spezialstählen, entstammen. Beschichtungen an Stahlbauwerken, Tanks oder Silos können Schadstoffe wie Bleimennige, Chromate (Chrom-VI-Verbindungen) von Blei, Zink und Strontium oder Carbonate von Cadmium und Blei enthalten. Viele dieser Metallverbindungen sind reproduktionstoxisch und/oder krebserzeugend, gesundheitsschädlich und gewässergefährdend.

Bei den Metallen und Metalllegierungen sind einige als reizend eingestuft. Insbesondere in feinkörniger bzw. staubiger Form liegen teilweise auch akut toxische, krebserzeugende sowie gewässergefährdende Eigenschaften vor, z. B. für Beryllium, Nickel, Kobalt.

In Einzelfällen, z. B. im Waggonbau, ist auch mit Asbestfasern (krebserzeugend) zu rechnen. Künstliche Mineralfasern, die vor 1996 eingebaut wurden, gelten gemäß TRGS 521 - "Abbruch-, Sanierungs- und Instandhaltungsarbeiten mit alter Mineralwolle" als krebserzeugend und können im Waggon- oder Ofenbau immer noch angetroffen werden.

 

Gefährliche Eigenschaften

Gefährliche Abfälle sind in der Abfallverzeichnis-Verordnung (AVV) mit einem Sternchen (*) gekennzeichnet. Von ihnen wird angenommen, dass sie mindestens eine gefahrenrelevante Eigenschaft nach Anhang III der Richtlinie 2008/98/EG besitzen. Einige Abfallarten sind aufgegliedert in gefährliche (*) und in nicht gefährliche Abfälle (sogenannte Spiegeleinträge), bei denen die Einstufung als "gefährlich" vom Gehalt gefährlicher Stoffe abhängig gemacht wird.

Die Regelungen für den Abfallbereich beruhen u. a. auf den Rechtsvorschriften der Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 (CLP-Verordnung) und gelten seit dem 01.06.2015 im europäischen Recht. Im deutschen Abfallrecht ist die AVV durch die Verordnung zur Umsetzung der novellierten abfallrechtlichen Gefährlichkeitskriterien geändert worden (siehe hierzu die Rubrik - Aktuelles zur AVV).

In der folgenden Tabelle wird aus Gründen der Übersichtlichkeit nicht die vollständige Stoffeinstufung dargestellt, die bei Bedarf in Stoffdatenbanken, z. B. Einstufungs- und Kennzeichnungsverzeichnis der ECHA (EU), GESTIS (DE), GisChem (DE), GSBL (DE) oder IGS (NW), verlinkt im Quellenverzeichnis, nachgesehen werden kann.
Schadstoffe Gehalte / Konzentrationen Erläuterungen
120102 Eisenstaub und -teile
i. d. R. keine gefährlichen Inhaltsstoffe in relevanten Mengen vorhanden
120116* Strahlmittelabfälle, die gefährliche Stoffe enthalten sowie 120117 Strahlmittelabfälle mit Ausnahme derjenigen, die unter 120116* fallen
Für alle Schadstoffe gilt, dass Art und Anteil im Abfall im Einzelfall zu betrachten sind, da sie stark von der jeweiligen Strahlanwendung abhängen
Organische Schadstoffe, z. B.
Mineralölkohlenwasserstoffe, z. B. aus der Metallverarbeitung häufig gewässergefährdend, meist WGK 1-2
PAK in Teerprodukten, z. B. im Wasserbau je nach Einzelverbindung krebserzeugend, mutagen, reproduktionstoxisch und gewässergefährdend, meist WGK 3
PCB, z. B. aus dem Bereich Korrosionsschutzbeschichtungen im Stahlbau kann einzelne Organe schädigen, gewässergefährdend, WGK 3
zinnorganische Verbindungen aus Antifoulingmitteln im Schiffsbau, z. B. Tributylzinnoxid meist giftig, reizend und gewässergefährdend; WGK 3
Biozide z.B. aus Antifoulingmitteln wie Diuron oder Cybutryn Anteil im Abfall ist meist nicht einstufungsrelevant; häufig krebserzeugend, giftig bzw. gesundheitsschädlich und gewässergefährdend; WGK 3
Anorganische Schadstoffe, z. B.
Bleistaub, Bleimennige aus Beschichtungen an Stahlbauwerken, Tanks und Silos reproduktionstoxisch, gesundheitsschädlich und gewässergefährdend; Bleimennige: WGK 3, Bleistaub nicht kolloidal gelöst: nicht wassergefährdend
Chromate (Chrom-VI-Verbindungen) von Blei, Zink und Strontium aus Beschichtungen an Stahlbauwerken, Tanks und Silos krebserzeugend, gesundheitsschädlich (außer Bleichromat), gewässergefährdend; Bleichromat auch reproduktionstoxisch, Strontiumchromat auch brandfördernd; WGK 3
Carbonate von Cadmium und Blei aus Beschichtungen an Stahlbauwerken, Tanks und Silos krebserzeugend bzw. reproduktionstoxisch, gesundheitsschädlich und gewässergefährdend; WGK 3
feinverteiltes Kupfer und Kupfer-I-oxid aus Antifoulinganstrichen i.d.R. < 20% gewässergefährdend, Kupfer-I-oxid zusätzlich gesundheitsschädlich
Metalle, z. B. Beryllium, Cadmium, Cobalt, Nickel oder Blei, aus der abrasiven Strahlanwendung je nach Metall, insbesondere im Feinstaub, akut toxisch, krebserzeugend, gewässergefährdend; WGK 1-3
Asbest, KMF, z. B. aus dem Waggon- oder Ofenbau krebserzeugend; KMF, die vor 1996 eingebaut wurden, gelten als krebserzeugend (TRGS 521)

 

Auswertungen aus der Abfallanalysendatenbank ABANDA

In der folgenden Tabelle sind Links zur Abfallanalysendatenbank ABANDA angegeben, mit deren Hilfe Sie Informationen zur chemischen Zusammensetzung der Abfälle erhalten. Zu jeder Abfallart ist in der Tabelle die Anzahl der vorhandenen Analysen angegeben. (Bei weniger als 10 Analysen sind keine sinnvollen statistischen Auswertungen möglich und es wird deshalb nicht nach ABANDA verlinkt).
Abfallarten Anzahl der
Analysen
120102  Eisenstaub und -teilchen 24   Analytik
120116* Strahlmittelabfälle, die gefährliche Stoffe enthalten 557   Analytik
120117  Strahlmittelabfälle mit Ausnahme derjenigen, die unter 12 01 16 fallen 125   Analytik

 

 

Hinweis
Aufgrund der vielfältigen Anwendungen von Strahlmitteln liegen im einzelnen Strahlmittelabfall mögliche Schadstoffe in unterschiedlicher Art und Menge vor. Daher ist in der Regel jeder Strahlmittelabfall im Einzelfall zu bewerten und dabei sind die jeweiligen Strahlanwendungen zu berücksichtigen. Nähere Informationen zum Einzelfall können aus den jeweils relevanten Technischen Merkblättern und Sicherheitsdatenblättern der betroffenen Stoffe und Produkte sowie aus Stoffdatenbanken (siehe Quellenverzeichnis) gewonnen werden.

 

Glossar
  PAKpolycyclische aromatische Kohlenwasserstoffe aus mindestens zwei verbundenen aromatischen Ringen, die überwiegend bei unvollständiger Verbrennung entstehen (oft angelagert an Ruß) und meist eine hohe Toxizität und Persistenz aufweisen, z. B. Benzo[a]pyren
  PCBpolychlorierte Biphenyle, Stoffgruppe mit 209 Verbindungen, die früher u. a. in Trafo-, Wärmeträger- und Hydraulikölen sowie Weichmachern enthalten waren, unterfallen der POP-Verordnung (im Anhang I bzw. IV aufgeführt), da sie chronisch toxisch, bioakkumulierbar und persistent sind
  Bleimennigeeine Blei-Komplexverbindung Pb<Sonderzeichen>2</Sonderzeichen>[PbO<Sonderzeichen>4</Sonderzeichen>], Verwendung als Pigment und Rostschutzmittel
  Antifoulinganstrichebiozidhaltige Schiffsanstriche, die der Besiedelung und dem Anwuchs durch festsitzende Wasserorganismen an Schiffsrümpfen entgegenwirken, meist Kupfer- oder Tributylzinnverbindungen
  Asbest Sammelbezeichnung für verschiedene, natürlich vorkommende, faserförmige Silikat-Minerale, die beim Einatmen karzinogen sein können, z. B. Chrysotil, Krokydolith, Amosit, Anthophyllit, Aktinolith und Tremolit
  KMFkünstliche Mineralfasern, synthetische, anorganische Fasern, kristallin oder glasartig, wie z. B. Dämmwolle aus Glas oder Gestein, Endlosglasfasern, Keramikfasern; biobeständige und lungengängige Fasern können Krebs erzeugen
  abrasivvon reibender, schleifender Wirkung und dadurch glättend, reinigend oder abnutzend
  WGKWassergefährdungsklasse; Potential von Stoffen und Gemischen, die Eigenschaft von Wasser nachteilig zu ändern; gemäß AwSV: nicht wassergefährdend (nwg), allgemein wassergefährdend (awg), WGK 1 = schwach wassergefährdend, WGK 2 = deutlich wassergefährdend, WGK 3 = stark wassergefährdend
  CLPClassification, Labelling and Packaging (Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung)
  CLP-VerordnungVerordnung (EG) Nr. 1272/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2008 über die Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von Stoffen und Gemischen, zur Änderung und Aufhebung der Richtlinien 67/548/EWG und 1999/45/EG und zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006; gültig nur in der jeweils aktuellen Fassung auf Grundlage der regelmäßigen Anpassungen an den technischen Fortschritt durch entsprechende Anpassungsverordnungen
  StoffrichtlinieRichtlinie 67/548/EWG des Rates über die Einstufung, Verpackung und Kennzeichnung gefährlicher Stoffe
  POPpersistent organic pullutants (langlebige organische Schadstoffe), schwer abbaubare organische Verbindungen, die sich in der Umwelt anreichern, deren Herstellung und Verwendung im Rahmen der Stockholmer Konvention eingeschränkt oder verboten sind (POP-Verordnung)

 

Quellenverzeichnis
(Quellen, wenn nicht anders angegeben, in der aktuellen Fassung)
  EU - Europäische Union
  DE - Bundesrepublik Deutschland
  BW - Baden-Württemberg
  BY - Bayern
  BE - Berlin
  BB - Brandenburg
  HB - Bremen
  HH - Hamburg
  HE - Hessen
  NI - Niedersachsen
  NW - Nordrhein-Westfalen
  RP - Rheinland-Pfalz
  SL - Saarland
  SN - Sachsen
  ST - Sachsen-Anhalt
  TH - Thüringen