IPA - Home > Abfallsteckbrief - 1701 mineralischer Bauschutt, Stand 21.12.2017

Herkunft und charakteristische Zusammensetzung

 

 

Herkunft

Allgemein

Bei Bautätigkeiten wie z. B Neubau, Umbau, Sanierung, Renovierung und Abbruch von Gebäuden (z. B. Wohn- und Bürogebäude, Fabrik-, Lager- und Ausstellungshallen) und anderen Bauwerken (z. B Brücken, Tunnel, Kanalisationsschächte) fällt mineralischer Bauschutt an. Er kann sortenrein aus Beton-, Ziegel-, Fliesen- und Keramikbruch oder auch aus Gemischen daraus bestehen und darf aber keine signifikanten, nicht-mineralischen Bestandteile enthalten. Eine möglichst sortenreine Erfassung bzw. eine vorausgehende Sortierung der mineralischen Baustoffe wird durch ein Sanierungs- / Rückbau- und Entsorgungskonzept erreicht. Aufgrund seiner physikalischen Merkmale ist mineralischer Bauschutt besonders gut geeignet, nach Aufbereitung (z. B. Brechen, Sieben und Sichten) wieder als Baustoff (sog. RC-Baustoff) eingesetzt zu werden.

170101 Beton

Beton ist ein Gemisch aus Kies/Sand (Gesteinskörnung), Zement (Bindemittel) und Wasser. Beton enthält meistens Betonzusatzmittel (z. B. Betonverflüssiger, Fließmittel, Stabilisierer, Luftporenbildner, Erstarrungs- und Erhärtungsbeschleuniger, Verzögerer, Dichtungsmittel) und Betonzusatzstoffe (z. B. Farbpigmente, Silicatstaub sowie Stahl-, Glas- oder Kunststofffasern für Faserbeton), die die Eigenschaften gezielt beeinflussen. Durch Brechen von unbelastetem Betonabbruch können Recycling-Baustoffe hergestellt werden.

170102 Ziegel

Ziegel werden aus Ton bzw. Lehm geformt und bei 900 bis 1.200 °C gebrannt. Es wird je nach Einsatzbereich zwischen Hintermauerziegeln (HMZ), welche durch ein ausgeklügeltes Lochsystem und durch eine Porosierung des Tonmaterials ausgezeichnete Wärmedämm-Eigenschaften erhalten, sowie Vormauerziegeln (VMZ) und Klinkern (Voll-Ziegel oder Blendziegel) als Sichtmauerziegel sowie Dachziegel unterschieden. Porosierten Leicht-Hochloch-Ziegeln werden vor dem Formen z. B. Schaumpolystyrol-Kügelchen, Papierschlämme oder Holzpartikel beigemischt, die beim Brennvorgang verglühen und somit Luftporen zurücklassen. Ziegel-Schutt ist recyclingfähig.

170103 Fliesen und Keramik

Zu den Keramiken gehören unter anderem Produkte von Schamotte-Steinen über keramische Fliesen bis hin zu Sanitärware, Isolatoren und Geschirr aus Porzellan. Der Hauptinhaltsstoff besteht je nach Erzeugnis aus verschiedenen Tonarten und weiteren mineralischen Zuschlagstoffen, die bei unterschiedlichen Brenntemperaturen hergestellt werden. Die wichtigsten Zuschlagstoffe sind Quarz, Kaolin und Feldspat. Je nach Anwendungszweck werden auch Kalzite, Dolomite, Flussspat oder Schamotte beigemischt.

170107 Gemische aus Beton, Ziegeln, Fliesen und Keramik mit Ausnahme derjenigen, die unter 17 01 06 fallen.

Der Abfall, der unter diesen Abfallschlüssel fällt, wird umgangssprachlich auch als Bauschutt bezeichnet. Er besteht aus recyclingfähigen mineralischen Materialien von meist stückiger, fester Konsistenz mit einer Schüttdichte von 1,3 - 1,5 t/m³. Die Hauptbestandteile sind Beton, Ziegel, Fliesen und Keramik, jedoch können folgende weitere mineralische Materialien enthalten sein
  • Natursteine, Sandstein, Kalkstein, Bimssteine, Pflastersteine, Blockstein, Naturschiefer und evtl. in geringen Mengen Erde, Sand, Bodenmaterial,
  • Beton und Betonbruch, Mörtel und Mörtelreste, Putz, Zementreste, Estrich, Gips,
  • Ziegel, Dachziegel, Tonziegel, Betonziegel, Klinkersteine, Backsteine, Mauerwerk,
  • Keramik, Marmor, Toilettenschüsseln, Waschbecken, Pissoirs, Feinsteinzeug,
  • Fliesen, Kacheln, Glasbausteine
  • und eventuell Straßenbruch.
Bauschutt sollte keine sichtbaren nicht-mineralischen Fremdbestandteile, z. B. Holz, Kunststoffe, Pappe/Papier, Eisen- und Nichteisenmetalle enthalten. Geringfügige Anhaftungen, die nicht als Gefahrstoff eingestuft sind, wie z. B. Farbanstriche, Teppichreste, Linoleum, sind möglich. Der Anteil der mineralischen und nicht-mineralischen Bestandteile ist in erster Linie von dem Bauwerk, der Art und Weise der Bau- oder Abbruchtätigkeit sowie der Sortierung oder sonstigen Behandlung abhängig. Bauschutt ist grundsätzlich recyclingfähig.

170106* Gemische aus oder getrennte Fraktionen von Beton, Ziegeln, Fliesen und Keramik, die gefährliche Stoffe enthalten

Schadstoffbelasteter Bauschutt und auch schadstoffbelastete getrennt anfallende Fraktionen von z. B. Beton, Ziegel, Fliesen und Keramik werden unter diesem Abfallschlüssel eingestuft. Schadstoffe sind z. B. PAK (durch Teerbestandteile), Asbest, PCB (durch Kleb- und Dichtungsmassen), HBCD sowie KMF (in Dämmstoffen).

Die Art und der Grad der Schadstoffe sind herkunftsspezifisch und bedingt durch
  • das Baumaterial, z. B. Beschichtungen mit PCB oder Asbest in Putz- und Spachtelmassen,
  • das Bauwerk, z. B. PCB-haltige Dichtungsmassen oder Asbest,
  • die Nutzung, z. B. Kohlenwasserstoffe bei Tankstellen oder Metallsalze bei Galvanikbetrieben, und
  • eingetretene Schadensereignisse, z. B. Brandfall oder Leckagen bei der Lagerung gefährlicher Stoffe.

Hinweis

Sortenreine Porenbetonsteine (umgangssprachlich auch Gasbeton oder Ytong genannt) können unter dem Abfallschlüssel 17 01 01 und der Zusatzangabe „Porenbeton“ entsorgt werden. Der Zusatz „Porenbeton“ macht deutlich, dass es sich nicht klassisch um Beton im Sinne der Begriffsdefinition handelt. Porenbeton enthält gegenüber Beton keine klassifizierten Gesteinskörnungen. Der im Porenbeton enthaltene fein vermahlene quarzhaltige Sand (Sandmehl), der als Rohstoff eingesetzt wird, wird zum Teil chemisch umgesetzt. Die Zusatzangabe „Porenbeton“ bzw. „enthält Porenbeton“ ist daher relevant für die Art der Behandlung und den weiteren Verwertungsweg, da die physikalischen Eigenschaften von Beton im herkömmlichen Sinne abweichen, der i. d. R. gebrochen und in Körnungsgruppen (Gesteinskörnungen) klassiert wird. Dies ist bei Porenbetonabfällen i. d. R. nicht möglich.

Wenn die Porenbetonabfälle mit weiteren mineralischen nicht gefährlichen Materialien vermischt sind, können diese unter dem Abfallschlüssel 17 01 07 mit dem Zusatz „enthält Porenbeton“ (bei relevanten Anteilen) entsorgt werden.

 

Charakteristische Zusammensetzung

Inhaltsstoffe Gehalte / Konzentrationen Erläuterungen
170101 Beton170102 Ziegel170103 Fliesen und Keramik
mineralische Hauptbestandteile bis 100 % Beton, Ziegel, Fliesen, Keramik; ihr jeweiliger Anteil ist abhängig von der Art der verwendeten Baustoffe, vom Bauwerk und von der Sortierung/Vorbehandlung
170107 Gemische aus Beton, Ziegeln, Fliesen und Keramik mit Ausnahme derjenigen, die unter 17 01 06 fallen
mineralische Hauptbestandteile bis 100 % Beton, Ziegel, Fliesen, Keramik; ihr jeweiliger Anteil ist abhängig von der Art der verwendeten Baustoffe, vom Bauwerk und von der Sortierung / Vorbehandlung
mineralische Nebenbestandteile z. B. Mauermörtel, Estriche, Putze, Glas, mineralische Dämmstoffe, Gips
nicht-mineralische Nebenbestandteile kleiner als sichtbarer Anteil z. B. Holz, Metalle, Bitumen, Kunststoffe, Dämmstoffe
170106* Gemische aus oder getrennte Fraktionen von Beton, Ziegeln, Fliesen und Keramik, die gefährliche Stoffe enthalten
mineralische Hauptbestandteile bis 100 % Beton, Ziegel, Fliesen, Keramik; ihr jeweiliger Anteil ist abhängig von der Art der verwendeten Baustoffe, vom Bauwerk und von der Sortierung / Vorbehandlung
mineralische Nebenbestandteile z. B. Mauermörtel, Estriche, Putze, Glas, mineralische Dämmstoffe, Gips
nicht-mineralische Ne-benbestandteile kleiner als sichtbarer Anteil z. B. Holz, Metalle, Bitumen, Kunststoffe, Dämmstoffe
Schadstoffe materialbedingte Schadstoffe bzw. bauwerksbedingte Schadstoffe wie Asbest, KMF, Teer, PCB-haltige Dicht- und Klebmassen, HBCD oder nutzungsbedingte organische und anorganische Verunreinigungen, z. B. Kohlenwasserstoffe o. ä.

 

Hinweis
Die Zuordnung von mineralischem Bauschutt zur Abfallgruppe 1701 setzt voraus, dass bereits am Entstehungsort durch geeignete Maßnahmen - z. B. Sanierungskonzept, Schadstoffentfrachtung, Art und Weise des Bau- bzw. Abbruchverfahrens, Baustellenlogistik und Vorsortierung bzw. -behandlung - eine klare Trennung von anderen Bau- und Abbruchabfällen erfolgt und möglichst sortenreine, schadstofffreie und verwertbare Fraktionen zurückgewonnen werden können, z. B. Beton 170101 oder Ziegel 170102.

Sofern Art und Grad der vorgenannten Nebenbestandteile und Schadstoffe signifikant sind, ist zu prüfen, ob die Abfälle einem anderen, treffenderen Abfallschlüssel des Kapitels 17 zuzuordnen sind.

Vielfach werden auch die bei der Aufbereitung / Klassierung von Bauschutt erzeugten Recycling-Baustoffe der Abfallgruppe 1701 zugeordnet.

Eine im rechtlichen Sinne verbindliche Definition für "mineralischen Bauschutt" besteht nicht.

Zu beachten sind die Handlungshilfen / Leitfäden / Erlasse einiger Länder zum Thema Gebäudeabbruch / Bauabfälle (siehe Quellen). Außerdem gibt es zum Teil Empfehlungen /Erlasse für die Einstufung von speziellen Bauschuttfraktionen: (Liste erhebt nicht den Anspruch auf Vollständigkeit)
  • Sachsen: "Einstufung von Kalksandsteinabfällen" (siehe Erlass)
  • Bayern: "Einstufung von Abfällen aus Gas- und Porenbeton" (siehe Schreiben vom bay. StMUV)

 

Glossar
  RC-Baustoff Recycling-Baustoff aus Sekundärrohstoffen, gewonnen durch Aufbereitung von Abfällen, die bei Bautätigkeiten angefallen sind und als natürliche oder künstliche mineralische Baustoffe in gebundener oder ungebundener Form im Hoch- und Tiefbau eingesetzt waren
  PAKpolycyclische aromatische Kohlenwasserstoffe aus mindestens zwei verbundenen aromatischen Ringen, die überwiegend bei unvollständiger Verbrennung entstehen (oft angelagert an Ruß) und meist eine hohe Toxizität und Persistenz aufweisen, z. B. Benzo[a]pyren
  PCBpolychlorierte Biphenyle, Stoffgruppe mit 209 Verbindungen, die früher u. a. in Trafo-, Wärmeträger- und Hydraulikölen sowie Weichmachern enthalten waren, unterfallen der POP-Verordnung (im Anhang I bzw. IV aufgeführt), da sie chronisch toxisch, bioakkumulierbar und persistent sind
  Schamottekünstlich hergestelltes feuerfestes Material auf Basis von Tonerde (Al2O3) und Kieselsäure (SiO2) zur Herstellung von Schamottesteinen, z. B. für Hochöfen, Winderhitzer, Gießereien, Koks- und Gasöfen, Glasindustrie
  Quarzgesteinsbildendes Mineral aus SiO2; das häufigste Mineral der Erdkruste
  KaolinitSchichtsilikat und typischer Vertreter der Tonminerale, das u. a. zur Herstellung von Porzellan verwendet wird
  Dolomitgesteinsbildendes Mineral aus CaCO3 und MgCO2 zur Verwendung als feuerfester Bausstoff zur Auskleidung metallurgischer Öfen
  Asbest Sammelbezeichnung für verschiedene, natürlich vorkommende, faserförmige Silikat-Minerale, die beim Einatmen karzinogen sein können, z. B. Chrysotil, Krokydolith, Amosit, Anthophyllit, Aktinolith und Tremolit
  KMFkünstliche Mineralfasern, synthetische, anorganische Fasern, kristallin oder glasartig, wie z. B. Dämmwolle aus Glas oder Gestein, Endlosglasfasern, Keramikfasern; biobeständige und lungengängige Fasern können Krebs erzeugen
  GalvanikVeredelungsverfahren, bei dem in einem elektrolytischen Bad mit Hilfe von Strom metallische Überzüge auf meist ebenfalls metallischen Bauteilen abgeschieden werden
  HBCDHexabromcyclododecan, auch HBCDD abgekürzt, ringförmiger, bromierter Kohlenwasserstoff mit 16 Isomeren, als additives Flammschutzmittel überwiegend in Polystyrolschaum (z. B. in Dämmstoffen) verwendet, aufgenommen in der POP-Verordnung (im Anhang I bzw. IV aufgeführt)
  POPpersistent organic pullutants (langlebige organische Schadstoffe), schwer abbaubare organische Verbindungen, die sich in der Umwelt anreichern, deren Herstellung und Verwendung im Rahmen der Stockholmer Konvention eingeschränkt oder verboten sind (POP-Verordnung)

 

Quellenverzeichnis
(Quellen, wenn nicht anders angegeben, in der aktuellen Fassung)
  EU - Europäische Union
  DE - Bundesrepublik Deutschland
  BW - Baden-Württemberg
  BY - Bayern
  BE - Berlin
  BB - Brandenburg
  HE - Hessen
  NI - Niedersachsen
  RP - Rheinland-Pfalz
  SN - Sachsen
  ST - Sachsen-Anhalt