IPA - Home > Abfallsteckbrief - 0303 Papierherstellung, Stand 22.07.2020

Schadstoffe und gefährliche Eigenschaften

 

 

Schadstoffe

Allgemein

Die Schadstoffbelastungen der Abfälle aus der Papierherstellung können durch die eingesetzten Faserstoffe in der Papierherstellung oder durch den Einsatz der Papierhilfsstoffe für unterschiedliche Papiereigenschaften entstehen.

Bei den Papierhilfsstoffen sind in erster Linie die persistenten, umwelt- und gesundheitsschädlichen PFAS (per- und polyfluorierte Alkylsubstanzen, auch PFC genannt) zu nennen, die unter anderem zur Herstellung von fettdichten Spezialpapieren eingesetzt werden.

Die bei der Papierherstellung eingesetzten Faserstoffe sind v. a. Zellstoff, Holzstoff und Altpapierstoff. Die Schadstoffe aus Zellstoff und Holzstoff spielen keine große Rolle. Beim Einsatz von Altpapierstoff (Fasern aus dem Altpapierrecycling) ist die Zahl möglicher Schadstoffe in den anfallenden Abfällen relativ hoch. Neben den Papierhilfsstoffen aus dem eigentlichen Papierherstellungsprozess sind Verunreinigungen durch das recycelte Papier wie z. B. Druckfarben, Kleb- und Papierhilfsstoffe aus dem Altpapier zu nennen sowie andere (meist hydrophobe) Chemikalien, die an den Papierfasern gut haften. Beispiele für Altpapierkontaminationen sind: Diisopropylnaphthalin (DIPN) aus Selbstdurchschreibepapieren, Bisphenol A aus Kassenzetteln (Thermodruck), PFAS (per- und polyfluorierte Alkylsubstanzen, auch PFC genannt) aus fettdichten Spezialpapieren, Benzophenon-Derivate und Mineralölbestandteile aus Druckfarben, und gewisse Weichmacher (Phthalate) aus Klebstoffen. Die Konzentrationen dieser Schadstoffe aus dem Altpapier in Abfällen aus der Papierherstellung sind jedoch erwartungsgemäß eher gering, wenn sie im Gesamtstrom des Altpapiers nur vereinzelt, wie in Spezialpapieren, vorkommen.

Schwermetalle

Der Schwermetallgehalt ist in den Abfällen der Papierherstellung in der Regel gering und mit den Gehalten in Schlämmen kommunaler Kläranlagen vergleichbar. Dazu kommt, dass die besonders kritischen Quecksilber-, Blei-, Cadmium- oder Chrom-VI-Verbindungen seit längerem nicht mehr als Farbmittel (Pigmente oder Farbstoffe) eingesetzt werden. Die Metalle liegen in den Abfällen in metallischer und oxidischer Form sowie zum Teil als Verbindung vor. Aufgrund der relativ geringen Konzentration sind die Schwermetallgehalte für eine Gefährdungseinstufung nicht relevant, sie können jedoch maßgebend für die Beurteilung von Verwertungsmöglichkeiten sein. Auch die Konzentrationen in Deinking-Schlämmen, die die wesentliche Senke für die Schwermetalle im Recyclingpapierkreislauf darstellen, sind in der Regel nicht einstufungsrelevant.

Organische Schadstoffe

Durch bei der Papierherstellung eingesetzte organische Hilfschemikalien können organische Schadstoffe, wie zum Beispiel PFAS, in die Abfälle gelangen, vor allem in den Papierschlamm aus der betriebseigenen Abwasserreinigung. In recycelten Fasern und den entsprechenden Produktionsschlämmen sind eine Vielzahl von Störstoffen enthalten, zum Beispiel spezifische Druckfarbenbestandteile (u. a. Photoinitiatoren, Mineralölbestandteile (MOSH und MOAH), polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK), Ester und Ether polyvalenter Alkohole mit Fettsäuren, Kleber, Weichmacher (u. a. die Phthalate DiBP, DBP und DEHP sowie Diethylenglycoldibenzoat), DEHM, optische Aufheller und Konservierungsstoffe (u. a. Benzoesäure). Dazu kommen noch Bestandteile von Spezialpapieren, wie von Thermodruck- und Durchschreibepapieren (Bisphenol A und Bisphenol S, DIPN, 2-Phenylmethoxynaphthalin) und fettdichten Papieren (poly- und perfluorierte Verbindungen).

Die aus der Zellstoffherstellung mit Chlorbleiche stammenden Gehalte an polychlorierten Dibenzodioxine und Dibenzofurane (PCDD/PCDF) im Papier sind durch den Einsatz von neuen Verfahren wie Elemental Chlorine Free (ECF) mit Chlordioxid und Totally Chlorine Free (TCF)Bleaching mit Ozon in den letzten zwei Jahrzehnten auf sehr niedrige Gehalte zurückgegangen. Das früher übliche Pentachlorphenol (PCP) und metallorganische Verbindungen (von Hg, Sn, Cu) als Schleimbekämpfungsmittel spielen heute keine Rolle mehr.

Sonstige Schadstoffe

Sonstige Schadstoffe sind bei diesen Abfällen nicht gefahrenrelevant.

 

Hinweis
Hinweis auf mögliche gefährliche Eigenschaften:
Die in diesem Abfallsteckbrief beschriebenen Abfälle sind durchgängig nicht gefährlichen Abfallarten zuzuordnen, da die AVV für Abfälle aus der Papierherstellung keine gefährlichen Abfallarten vorsieht. Obwohl es sich somit formal um nicht gefährliche Abfälle handelt, können aus folgenden Gründen ggf. gefährliche Abfalleigenschaften vorliegen, die bei der Auswahl eines geeigneten Verwertungswegs berücksichtigt werden müssen:
  • Deinking-Schlämme (AS 030305 „De-inking-Schlämme aus dem Papierrecycling“) haben einen relativ hohen Anteil an Mineralölkohlenwasserstoffen (MKW), der aufgrund der angestrebten Minimierung von MOSH- und MOAH-Gehalten im Recyclingpapier durch Deinking zukünftig vermutlich noch ansteigen wird. Dies könnte dazu führen, dass Deinking-Schlämme anlagenspezifisch je nach verwendeter Deinking-Technologie gewässergefährdende Eigenschaften im Sinne der AVV aufweisen könnten (HP 14-Kriterien,Ökotoxisch).
  • Schlämme aus der betriebseigenen Abwasserbehandlung (AS 030311 „Schlämme aus der betriebseigenen Abwasserbehandlung mit Ausnahme derjenigen, die unter 03 03 10 fallen“ sowie AS 030310 „Faserabfälle, Faser-, Füller- und Überzugsschlämme aus der mechanischen Abtrennung“) und andere Stoffströme können hohe Gehalte an per- und polyfluorierten Alkylverbindungen (PFAS) enthalten.
    PFOS ist im Anhang IV der Verordnung (EU) 2019/1021 (POP-Verordnung; Liste der Stoffe, die den Abfallbewirtschaftungsbestimmungen gemäß Artikel 7 unterliegen) mit dem Konzentrationsgrenzwert von 50 mg/kg angegeben, so dass bei einer Überschreitung ein POP-haltiger Abfall vorliegt und unter Beachtung der Angaben der POP-Abfall-Überwachungs-Verordnung entsorgt werden muss.

Auswertungen aus der Abfallanalysendatenbank ABANDA

In der folgenden Tabelle sind Links zur Abfallanalysendatenbank ABANDA angegeben, mit deren Hilfe Sie Informationen zur chemischen Zusammensetzung der Abfälle erhalten. Zu jeder Abfallart ist in der Tabelle die Anzahl der vorhandenen Analysen angegeben. (Bei weniger als 10 Analysen sind keine sinnvollen statistischen Auswertungen möglich und es wird deshalb nicht nach ABANDA verlinkt).
Abfallarten Anzahl der
Analysen
030305  De-inking-Schlämme aus dem Papierrecycling 15   Analytik
030307  mechanisch abgetrennte Abfälle aus der Auflösung von Papier- und Pappabfällen 15   Analytik
030308  Abfälle aus dem Sortieren von Papier und Pappe für das Recycling 2
030310  Faserabfälle, Faser-, Füller- und Überzugsschlämme aus der mechanischen Abtrennung 184   Analytik
030311  Schlämme aus der betriebseigenen Abwasserbehandlung mit Ausnahme derjenigen, die unter 03 03 10 fallen 6

 

 

Glossar
  PAKpolycyclische aromatische Kohlenwasserstoffe aus mindestens zwei verbundenen aromatischen Ringen, die überwiegend bei unvollständiger Verbrennung entstehen (oft angelagert an Ruß) und meist eine hohe Toxizität und Persistenz aufweisen, z. B. Benzo[a]pyren
  PCPPentachlorphenol, chlorierter, aromatischer Kohlenwasserstoff, der vor allem in Holzschutzmitteln als Fungizid (Gift gegen Pilzbefall) eingesetzt wurde, im Anhang I bzw. IV der POP-Vordnung aufgeführt
  PCDD/PCDFpolychlorierte Dibenzodioxine und Dibenzofurane, Sammelbezeichnung für ähnlich aufgebaute, chlorierte organische Verbindungen, die hauptsächlich bei thermischen Prozessen von organischen Materialien anfallen, giftig (u. a. krebserzeugend), fettlöslich, bioakkumulierbar, persistent, unterfallen der POP-Verordnung (im Anhang IV aufgeführt)
  MKWMineralölkohlenwasserstoffe, Summenparameter für Kettenlängen C10 - C 40 in der Abfallanalytik, enthalten in Benzin, Diesel, Heizöl und Schmierölen, auch als KW abgekürzt
  PFASper- und polyfluorierte Alkylsubstanzen, auch per- und polyfluorierte Chemikalien (PFC) und früher perfluorierte Tenside (PFT) genannt, zu denen auch PFOS und PFOA gehören; industriell hergestellte organische Fluorverbindungen, wasser-, fett- und schmutzabweisend, persistent, meistens bioakkumulativ und toxisch
  DeinkingEntfernen der Druckfarbe aus bedrucktem Altpapier durch mechanische und chemische Methoden wie z. B. Flotationsdeinking
  TCFtotally chlorine free, Bezeichnung für Zellstoff, der statt mit Chlor mit Wasserstoffperoxid oder Ozon gebleicht wurde
  ECFelementary chlorine free, Bezeichnung für Zellstoff, der statt mit Chlor mit Chlordioxid gebleicht wurde
  MOSHmineral oil saturated hydrocarbons, gesättigte Mineralölkohlenwasserstoffe
  MOAHmineral oil aromatic hydrocarbons, aromatische Mineralölkohlenwasserstoffe
  DispergierungHomogenisierung bzw. die optimale Durchmischung von Stoffen
  Papierhilfsstoffechemische Stoffe zur Unterstützung des Papierherstellungsprozesses, um die gewünschten Eigenschaften des Produkts zu erreichen
  DIPNDiisopropylnaphthalin, Stoffgruppe, die als Ersatz für polychlorierte Biphenyle und als Lösungsmittel für Farbstoffe in kohlefreien Selbstdurchschreibepapieren eingesetzt wird
  Bisphenol ABPA, chemische Substanz, enthalten in zahlreichen Gebrauchsgegenständen, z. B. aus Kunststoffen und auf Thermopapieren, mit gesundheitsschädlichen Eigenschaften, u. a. die Fortpflanzung zu beeinträchtigen
  Bisphenol SBPS, chemische Substanz, die zur Herstellung von Kunststoffen, Flammschutzmitteln und Thermopapier eingesetzt wird
  BenzophenoneKlasse aromatischer organischer Verbindungen, die z. B. als UV-Filter in Kosmetika oder als Fotoinitiator in UV-Härtungsvorgängen verwendet werden
  DiBPDiisobutylphthalat, wird Kunststoffen als Weichmacher beigemischt, fortpflanzungsgefährdend, zählt zu den zulassungspflichtigen, besonders besorgniserregenden Stoffen (SVHC - substance of very high concern)
  DBPDi-n-butylphthalat, Weichmacher aus der Gruppe der Phthalate, insbesondere in PVC-Kunststoffen, mit reproduktionstoxischen und gewässergefährdenden Eigenschaften
  DEHPDi(2-ethylhexyl)phthalat, häufig eingesetzter Weichmacher in PVC-Kunststoffen, Zusatzstoff in Farben, Kosmetika und Schädlingsbekämpfungsmitteln mit reproduktionstoxischen Eigenschaften
  Diethylenglykoldibenzoatchemische Verbindung, Verwendung als Weichmacher
  DEHMBis(2-ethylhexyl)maleat bzw. Di(2-ethylhexyl)maleat, chemische Verbindung, Bestandteil von Klebstoffen und Dichtstoffen sowie Tinten und Tonern, wird auch für die Herstellung von Gummi- und Kunststoffprodukten verwendet
  2-Phenylmethoxynaphthalinauch Benzyl-2-naphthylether, chemische Verbindung, wird in Thermopapierbeschichtungen verwendet
  hydrophobwasserabstoßend, mit Wasser nicht oder nur wenig mischbar
  Füller- und ÜberzugsschlämmeBestandteile der Papierschlämme (neben Faserabfällen und Faserschlämmen), bestehend aus Füllstoffen (z. B. zur Verbesserung der Weiße) oder Überzügen (z. B. um Papier glatter und weniger saugfähig zu machen)
  PFOSperfluorooctanesulfonic acid (Perfluoroctansulfonsäure), gehört zu den perfluorierten Kohlenwasserstoffen, ein PBT-Stoff   (persistent, bioakkumulativ und toxisch), dessen Verwendung auf bestimmte Einsatzbereiche beschränkt ist (POP-Verordnung)

 

Quellenverzeichnis
(Quellen, wenn nicht anders angegeben, in der aktuellen Fassung)
  EU - Europäische Union
  DE - Bundesrepublik Deutschland
  BW - Baden-Württemberg
  BY - Bayern
  BE - Berlin
  NI - Niedersachsen
  NW - Nordrhein-Westfalen