IPA - Home > Abfallsteckbrief - 1201 Bearbeitungsschlämme, Stand 19.08.2016

Herkunft und charakteristische Zusammensetzung

 

 

Herkunft

Allgemein

Bearbeitungsschlämme bzw. ölhaltige Metallschlämme entstehen in erster Linie bei der mechanischen Oberflächenbearbeitung von Metallen, z. B. beim Schleifen, Strahlen, Honen, Läppen oder Polieren. Die Verfahren basieren hauptsächlich auf spanenden oder schleifenden Prozessen. Anhaftende Verunreinigungen (z. B. Rost) oder Unebenheiten im Werkstück werden u. a. mittels Schleif- oder Spanvorrichtungen entfernt. Dabei wird grundsätzlich ein Teil des Ausgangsmaterials entfernt. Die teilweise sehr feinen vom Werkstück abgetragenen Partikel werden über eingesetzte Prozesshilfsmittel (z. B. Gleitschleifcompound, Kühlschmierstoff, Läpppaste, Strahlmittel) aus dem Bearbeitungsprozess ausgetragen und anschließend mittels Filtration abgetrennt. Das zurückbleibende Material ist der hier beschriebene Abfall.

Als Prozesshilfsmittel werden oft sogenannte Kühlschmierstoffe (KSS) eingesetzt, welche vor allem
  • die Reibung zwischen einem zu bearbeitenden Werkstück und dem dafür nötigen Werkzeug durch Schmierung reduzieren,
  • die entstehende Wärme abführen (Kühlung des Werkstücks und -zeuges),
  • den Metallabrieb bzw. die Späne entfernen sowie
  • einen gewissen Korrosionsschutz gewährleisten.
Neben der angewandten Verfahrensweise und den zu bearbeitenden Werkstoffen werden die hier behandelten Abfallarten maßgeblich über das eingesetzte Prozesshilfsmittel sowie den sich daraus ergebenden Inhaltstoffen bzw. Ölgehalten charakterisiert. Die Konsistenz und Zusammensetzung der Schlämme können demnach großen Schwankungen unterliegen.
Detailliertere Informationen zu Kühlschmierstoffen sind im Steckbrief 1201 Bearbeitungsöle, -emulsionen und -lösungen beschrieben.

120114*/15 Bearbeitungsschlämme

Bearbeitungsschlämme können bei der Vorbehandlung oder einem eigenständigen Bearbeitungsverfahren entstehen. Über den oben beschriebenen Prozess entsteht diese Abfallgruppe, z. B. sogenannte Gleitschleifschlämme, Polierschlämme oder Schleifschlämme.

Charakteristisch sind vor allem ein hoher Anteil an Filterhilfsmitteln und ein Metallgehalt von unter zehn Prozent. Des Weiteren ist ein Gehalt an Kohlenwasserstoffen (Ölgehalt) typisch, welcher allerdings von eingesetzten Prozesshilfsmitteln sowie zu bearbeitenden Werkstoffen (anhaftende Fremdöle) abhängt.

Neben den genannten Verfahren können Schlämme unter anderem auch beim Funkenerodieren, Strahlen oder bei Warmumformungsprozessen entstehen.

Beim Funkenerodieren fallen durch die Ausfiltrierung der feinen, abgetragenen Metallpartikel aus dem Dielektrikum Erodierschlämme an. Diese sind vor allem beim speziellen Verfahren des Senkerodierens ölhaltig. Ansonsten sind Anteile an Filterhilfsmitteln sowie ein Metallgehalt im Schlamm charakteristisch.

Beim Strahlen können je nach gewähltem Verfahren Bearbeitungsschlämme anfallen. Hierbei sind vor allem Nassverfahren und Schlämmstrahlen relevant. Bei der Aufbereitung der Strahlwasser bzw. -suspensionen fallen Feinanteile des Strahlmittels mit abgestrahlten Metallpartikeln als Schlamm an. Detailliertere Informationen zu Strahlmittelabfällen können im Steckbrief 1201_Strahlmittel nachvollzogen werden.

Bei Warmumformprozessen (typisch in der Eisen- und Stahlerzeugung), wie z. B. Schmieden oder Warmwalzen, kann Zunder anfallen. Ölhaltiger Zunder (Ölgehalt > 3%) wird als sogenannter Zunderschlamm aus dem Bearbeitungsprozess ausgetragen.

120118* Ölhaltige Metallschlämme (Schleif-, Hon- und Läppschlämme)

Die Zusammensetzung der Schlämme ist sehr inhomogen und hängt stark vom bearbeiteten Material und gewählten Verfahren ab. Charakteristisch gegenüber der bereits beschriebenen Abfallgruppe der AS 120114*/15 Bearbeitungsschlämme ist der teilweise erhebliche Ölgehalt, welcher in der Regel größer als drei Prozent ist, und zusätzlich ein erheblich höherer Metallgehalt.

Ölhaltige Metallschlämme entstehen zudem als Feinfraktion bei der Filtrierung der Späne aus der spanenden Bearbeitung von Metallen, z. B. Drehen, Bohren und Fräsen. Sie enthalten nur feine Metallspäne mit einem Durchmesser < 0,5 mm und einer Länge < 20 mm (Anhaltswert). Sie sind herkunftsbedingt mit Prozesshilfsmitteln vermischt, z. B. Schleifmittelabrieb und Kühlschmierstoff. Ihre Konsistenz (schuhcremeartig bis Stahlwolle) ist vom Bearbeitungsverfahren und dem verwendeten Prozesshilfsmittel abhängig.

 

 

Metallbearbeitungsverfahren (Quelle: 1/2 ABAG-item, 3/4 LUBW (2016))

 

Charakteristische Zusammensetzung

Inhaltsstoffe Gehalte / Konzentrationen Erläuterungen
120114*/15 Bearbeitungsschlämme
Metallgehalt 2 - 10 % Gehalt abhängig vom Bearbeitungsverfahren (Fe- oder NE-Metalle)
Schleifmittelabrieb 2 - 50 % Vorkommen insbesondere bei Gleitschleifschlämmen und nass abgeschiedenen Strahlstäuben; Gehalt abhängig von Werkstoff und Verfahren; kann Korund, Siliciumcarbid, Bornitrid oder Aluminiumoxid, einschl. Bindemittel (Kunstharz, Kunststoff) sowie metallische und mineralische Strahlmittel (Schlacken, Glas, Hartguss) enthalten
Kohlenwasserstoffe bis 20 %, i.d.R < 3 % Gehalt abhängig von Bearbeitungsverfahren und eingesetzten Prozesshilfsmitteln, geringe Anteile eingeschleppter Fremdöle (z. B. vom Werkstoff) möglich
Filterhilfsmittel bis 20 % Gehalt abhängig vom Filtrationsverfahren, z. B. Kieselgur bei Anschwemmfiltern, Filtervliese bei Bandfiltern, einschl. Verunreinigungen
Wassergehalt 5 - 75 % Gehalt abhängig vom Bearbeitungsverfahren; hohe Wassergehalte z. B. bei Gleitschleifschlämmen und Nassabscheidung von Aluminium-Stäuben
120118* Ölhaltige Metallschlämme (Schleif-, Hon- und Läppschlämme)
Metallgehalt 10 - 80 % Gehalt abhängig vom Bearbeitungsverfahren (Fe- oder NE-Metalle)
Schleifmittelabrieb 2 - 75 % Gehalt abhängig von Werkstoff und Verfahren; kann Korund, Siliciumcarbid, Bornitrid oder Aluminiumoxid, einschl. Bindemittel (Kunstharz, Kunststoff) enthalten
Kohlenwasserstoffe (bei Einsatz von KSS-Ölen) 15 - 50 % Öle auf mineralischer, synthetischer und nativer Basis, in Einzelfällen mit halogenierten Additiven, geringe Anteile eingeschleppter Fremdöle (z. B. vom Werkstoff) möglich
Kohlenwasserstoffe (bei Einsatz von KSS - Emulsionen/Lösungen) 1 - 20 % emulgierte Öle mit Additiven (Additive sind z. B. Emulgatoren, Korrosionsinhibitoren, Biozide, Entschäumungsmittel); geringe Anteile eingeschleppter Fremdöle (z. B. vom Werkstoff) möglich
Filterhilfsmittel bis 50 % Gehalt abhängig vom Verfahren, z. B. Kieselgur bei Anschwemmfiltern, Filtervliese bei Bandfiltern, einschl. Verunreinigungen
Wassergehalt bis 75 % Gehalt abhängig vom Bearbeitungsverfahren, hohe Wassergehalte bei Verwendung von KSS-Lösungen und -Emulsionen

 

Hinweis
Bei der spanenden bzw. schleifenden Metallbearbeitung werden Kühlschmierstoffe (KSS) verwendet. Neben dem zu bearbeitenden Werkstoff ist das Bearbeitungsverfahren ausschlaggebend, ob und welche KSS eingesetzt werden oder ob eine trockene Bearbeitung möglich ist. Neuere Entwicklungen bei Werkzeugen (Beschichtungen, neue Werkstoffe, andere Geometrien) ermöglichen heute teilweise eine Trockenbearbeitung oder zumindest die Verringerung von Kühlschmierstoffen durch Minimalmengen-Schmierung (MMS).


Information über die verschiedenen KSS-Typen und deren Zusammensetzung finden Sie im Abfallsteckbrief 1201 "Bearbeitungsöle, -emulsionen und -lösungen".

Als zusätzliche Informationsquelle für eine detaillierte Zusammensetzung der gefährlichen Inhaltsstoffe des angewandten KSS ist im Einzelfall das Sicherheitsdatenblatt vom liefernden bzw. herstellenden Unternehmen heranzuziehen. Neben der Einstufung und Kennzeichnung werden u. a. die gefährlichen Inhaltsstoffe aufgeführt. Die Gefährdungsabschätzung eines Abfalls und seine Zuordnung zum richtigen Abfallschlüssel sowie zur geeigneten Entsorgungsmöglichkeit setzt i.d.R. eine chemisch-physikalische Analyse voraus.

Ergänzende Informationen zum jeweils angewandten KSS können außerdem über eine Suchfunktion nach CAS-Nummer oder Namen des KSS auf der Informationsplattform des Forschungs- und Beratungsinstitutes Gefahrstoffe GmbH (FoBiG) ermittelt werden, welche von der Berufsgenossenschaft Holz und Metall (BGHM) in Auftrag gegeben wurde. Eine Verlinkung zur Internetseite des FoBiG ist im Quellenverzeichnis zu finden.

 

Glossar
  GleitschleifcompoundZusatzmittel, das zusammen mit den Schleifkörpern beim Gleitschleifen in der Oberflächenglättung vorrangig metallischer Werkstücke zum Einsatz kommt und den Abrieb der Schleifkörper und des Werkstückes aufnehmen bzw. abtransportieren soll und meist auch Korrosionsschutzmittel enthält
  Funkenerodierenthermisches, abtragendes Fertigungsverfahren für leitfähige Materialien, bei dem das Werkstück mittels elektrischer Entladungsvorgänge (Funken) zwischen der Elektrode und dem Werkstück (Anode) unter Verwendung von Erodierdielektrika (entionisiertes Wasser oder synthetische Kohlenwasserstoffe) z. B. gebohrt oder geschnitten werden kann
  Honenspanabhebendes Verfahren zur Feinbearbeitung (Verbesserung der Maß- und Formgenauigkeit) von meist metallischen Werkstücken mithilfe von feinkörnigen Schleifkörpern (Honsteinen); man unterscheidet Innenrundhonen, Außenrundhonen, Glatt- und Profilhonen
  LäppenFeinbearbeitungsverfahren zur Glättung von Oberflächen (z. B. von Stahl, Keramik, Glas), bei dem der Werkstoffabtrag durch ein in einer Paste oder Flüssigkeit (Läppgemisch, Läppsuspension) befindliches Korn (z. B. Aluminiumoxid, Siliciumcarbid, Diamant) erfolgt
  InhibitorenStoffe, die eine biologische oder chemische Reaktion verlangsamen, hemmen oder verhindern
  BiozideStoffe / Zubereitungen mit der Eigenschaft, Schadorganismen abzutöten oder zumindest in ihrer Lebensfunktion einzuschränken, z.B. Holzschutzmittel, Insektizide, Desinfektionsmittel
  Entschäumungsmittelunterdrücken oder mindern eine unerwünschte Schaumbildung bei verschiedenen Prozessen, z. B. Silikonöle
  Kühlschmierstoffbei trennenden und umformenden Metallbearbeitungsprozessen eingesetzter Hilfsstoff, der durch seine Kühl-, Spül- und Schmierfunktion die Effektivität des Bearbeitungsprozesses steigert
  DielektrikumVakuum oder Stoff mit sehr geringer elektrischer Leitfähigkeit, genutzt als Isolator in einem elektrischen Feld, z. B. der Isolierstoff zwischen Kondensatorplatten oder in Koaxialkabeln
  SenkerodierenVerfahren des Funkenerodierens, wobei die Elektrode die negative Form des Werkstücks darstellt
  Zunderin der Metallurgie dünne Oxidschicht auf Eisen oder Stahl, die sich bei höheren Temperaturen durch Reaktion mit Sauerstoff bei Walz-, Schmiede- und Härteprozessen bildet

 

Quellenverzeichnis
(Quellen, wenn nicht anders angegeben, in der aktuellen Fassung)
  EU - Europäische Union
  DE - Bundesrepublik Deutschland
  BW - Baden-Württemberg
  BY - Bayern