IPA - Home > Abfallsteckbrief - 1201 Bearbeitungsschlämme, Stand 19.08.2016

Schadstoffe und gefährliche Eigenschaften

 

 

Schadstoffe

Allgemein

Aufgrund der vielfältigen Verfahrensvarianten, den prozessbedingten Unterschieden bei der Metallbearbeitung und der Vielzahl der vorhandenen Kühlschmierstoffe (KSS) ist mit unterschiedlichen Schadstoffen und -konzentrationen zu rechnen. Es ist daher stets der Einzelfall zu betrachten, um die gefährlichen Eigenschaften des Abfalls abschätzen zu können.

Aufgrund der großen Oberfläche und den starken Anhaftungskräften sind oft hohe Konzentrationen von Ölen und Emulsionen an den im Schlamm befindlichen Metallen vorzufinden. Eine Reduzierung des Schadstoffgehaltes durch rein mechanische Behandlung wie Pressen oder Zentrifugieren kann nur bedingt erfolgen.

Generell resultieren die gefährlichen Eigenschaften vor allem aus den verwendeten KSS, bearbeiteten Metallen (ggf. Schwermetalle) und den Gehalten unbekannter Verunreinigungen (sonstige Schadstoffe).

Schwermetalle

Der Schwermetallgehalt beträgt bei Bearbeitungsschlämmen 120114*/15 bis zu 3 % und bei ölhaltigen Metallschlämme 120118* ca. 40 - 80 %. Die Schwermetallarten sind werkstoffbedingt.
Für eine Gefährdungseinschätzung sind Blei, Cadmium, Kupfer und Nickel maßgebend, wobei ein Gefahrenpotenzial für den Menschen beim Umgang nur dann gegeben ist, wenn die Metalle in pulvriger, feinstverteilter und bioverfügbarer Form vorliegen. Dies ist bei den in der Regel feuchten Bearbeitungsschlämmen nicht gegeben.

Die Eluate sind, insbesondere bei feinkörnigen Schlämmen, im Allgemeinen aufgrund möglicher Konzentration der Schwermetalle Blei, Cadmium, Kupfer und Nickel als gewässergefährdend einzustufen.

Mineralölkohlenwasserstoffe

Der Gehalt an Mineralölkohlenwasserstoffen (MKW) liegt für Bearbeitungsschlämme 120114*/15 in der Regel unter 3000 mg/kg und für ölhaltige Metallschlämme 120118* bis zu 50.000 mg/kg. Das Gefahrenpotenzial der in Schleifschlämmen enthaltenen Kohlenwasserstoffe hängt wesentlich von der Art des verwendeten Kühlschmierstoffs (Grundöl) und dessen Inhaltsstoffen (Additive) ab.

Die verwendeten Kohlenwasserstoffe sind i.d.R. als gewässergefährdend eingestuft und einer WGK zugeordnet.

Sonstige Schadstoffe

Wichtige Additive, insbesondere bei wassergemischten KSS, sind z. B. Emulgatoren (zur Herstellung von Emulsionen), Hochdruckzusätze (z. B. Fettsäuren, Fettsäureester, Alkohole), Antioxidantien (zur Vermeidung von Oxidationsprozessen) sowie Biozide (zur Eindämmung der Verkeimungsgefahr). Sie betreffen in erster Linie die Arbeitssicherheit und sind aufgrund der geringen Konzentration für eine Abfalleinstufung nicht relevant.

 

Hinweis
Bei der spanenden bzw. schleifenden Metallbearbeitung werden Kühlschmierstoffe (KSS) verwendet. Neben dem zu bearbeitenden Werkstoff ist das Bearbeitungsverfahren ausschlaggebend, ob und welche KSS eingesetzt werden oder ob eine trockene Bearbeitung möglich ist. Neuere Entwicklungen bei Werkzeugen (Beschichtungen, neue Werkstoffe, andere Geometrien) ermöglichen heute teilweise eine Trockenbearbeitung oder zumindest die Verringerung von Kühlschmierstoffen durch Minimalmengenschmierung (MMS).

Informationen über die verschiedenen KSS-Typen und deren Zusammensetzung finden Sie im Abfallsteckbrief 1201 "Bearbeitungsöle, -emulsionen und -lösungen".

Als zusätzliche Informationsquelle für eine detaillierte Zusammensetzung der gefährlichen Inhaltsstoffe des vorliegenden KSS ist im Einzelfall das Sicherheitsdatenblatt vom liefernden bzw. herstellenden Unternehmen heranzuziehen. Für eine abschließende Beurteilung der Inhaltsstoffe bzw. Zusammensetzung des Abfalls ist dieses anzuwenden. Neben der Einstufung und Kennzeichnung werden u. a. die gefährlichen Inhaltsstoffe aufgeführt. Die Gefährdungsabschätzung eines Abfalls und seine Zuordnung zum richtigen Abfallschlüssel sowie zur geeigneten Entsorgungsmöglichkeit setzt eine chemisch-physikalische Analyse voraus.

Ergänzende Informationen zum jeweils angewandten KSS können außerdem über eine Suchfunktion nach CAS-Nummer oder Namen des KSS auf der Informationsplattform des Forschungs- und Beratungsinstitutes Gefahrstoffe GmbH (FoBiG) ermittelt werden, welche von der Berufsgenossenschaft Holz und Metall (BGHM) in Auftrag gegeben wurde. Eine Verlinkung zur Internetseite des FoBiG ist im Quellenverzeichnis zu finden.

 

Gefährliche Eigenschaften

Gefährliche Abfälle sind in der Abfallverzeichnis-Verordnung (AVV) mit einem Sternchen (*) gekennzeichnet. Von ihnen wird angenommen, dass sie mindestens eine gefahrenrelevante Eigenschaft nach Anhang III der Richtlinie 2008/98/EG besitzen. Einige Abfallarten sind aufgegliedert in gefährliche (*) und in nicht gefährliche Abfälle (sogenannte Spiegeleinträge), bei denen die Einstufung als "gefährlich" vom Gehalt gefährlicher Stoffe abhängig gemacht wird.

Die Regelungen für den Abfallbereich beruhen u. a. auf den Rechtsvorschriften der Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 (CLP-Verordnung) und gelten seit dem 01.06.2015 im europäischen Recht. Im deutschen Abfallrecht ist die AVV durch die Verordnung zur Umsetzung der novellierten abfallrechtlichen Gefährlichkeitskriterien geändert worden (siehe hierzu die Rubrik - Aktuelles zur AVV).

In der folgenden Tabelle wird aus Gründen der Übersichtlichkeit nicht die vollständige Stoffeinstufung dargestellt, die bei Bedarf in Stoffdatenbanken, z. B. Einstufungs- und Kennzeichnungsverzeichnis der ECHA (EU), GESTIS (DE), GisChem (DE), GSBL (DE) oder IGS (NW), verlinkt im Quellenverzeichnis, nachgesehen werden kann.
Schadstoffe Gehalte / Konzentrationen Erläuterungen
120114*/15 Bearbeitungsschlämme
Mineralölkohlenwasserstoffe bis zu 20%, i.d.R. < 3 % die gängigen Mineralölkohlenwasserstoffe (MKW) sind als gewässergefährdend eingestuft und einer WGK zugeordnet
Schwermetalle (relevant sind in Einzelfällen Kupfer, Nickel, Cadmium, Blei) bis 3 % es handelt sich um Schwermetalle und Schwermetalllegierungen, von denen einige als reizend und - wenn in feindisperser Form vorliegend - als gewässergefährdend, einer WGK zugeordnet oder sogar akut toxisch eingestuft sind
wasserlösliche Schadstoffe bis 3% Hilfsstoffe aus dem jeweiligen Bearbeitungsprozess lagern sich bevorzugt an den feinen Metallpartikeln an (z. B. Gleitschleifcompounds) oder sind anteilig in der enthaltenen Flüssigkeit enthalten (z. B. KSS-Lösungen); Hinweise der Sicherheitsdatenblätter beachten
120118* Ölhaltige Metallschlämme
Mineralölkohlenwasserstoffe 1 - 50 % die gängigen Mineralölkohlenwasserstoffe (MKW) sind als gewässergefährdend eingestuft und einer WGK zugeordnet
synthetische Kohlenwasserstoffe bis 50 % synthetische Öle sind einer stoffspezifischen Betrachtung zu unterziehen; Sicherheitsdatenblätter beachten
wasserlösliche Schadstoffe bis 3% Hilfsstoffe aus dem jeweiligen Bearbeitungsprozess lagern sich bevorzugt an den feinen Metallpartikeln an (z. B. Additive aus Emulsionen) oder sind anteilig in der enthaltenen Flüssigkeit enthalten (z. B. KSS-Lösungen); Sicherheitsdatenblätter beachten
Schwermetalle 10 - 80 % es handelt sich um Schwermetalle und Schwermetalllegierungen, von denen einige als reizend und - wenn in feindisperser Form vorliegend - als gewässergefährdend, einer WGK zugeordnet oder sogar akut toxisch eingestuft sind

 

Auswertungen aus der Abfallanalysendatenbank ABANDA

In der folgenden Tabelle sind Links zur Abfallanalysendatenbank ABANDA angegeben, mit deren Hilfe Sie Informationen zur chemischen Zusammensetzung der Abfälle erhalten. Zu jeder Abfallart ist in der Tabelle die Anzahl der vorhandenen Analysen angegeben. (Bei weniger als 10 Analysen sind keine sinnvollen statistischen Auswertungen möglich und es wird deshalb nicht nach ABANDA verlinkt).
Abfallarten Anzahl der
Analysen
120114* Bearbeitungsschlämme, die gefährliche Stoffe enthalten 180   Analytik
120115  Bearbeitungsschlämme mit Ausnahme derjenigen, die unter 12 01 14 fallen 4
120118* ölhaltige Metallschlämme (Schleif-, Hon- und Läppschlämme) 190   Analytik

 

Einstufung von Abfällen in gefährliche bzw. nicht gefährliche Abfälle

Die Abfallverzeichnis-Verordnung (AVV) enthält 842 Abfallarten, davon sind 408 als gefährlich eingestuft und mit einem Sternchen (*) gekennzeichnet. Allerdings wird nur ein Teil dieser Abfallarten als absolut gefährlich eingestuft. Bei 180 dieser gefährlichen Abfallarten kann alternativ auch eine als nicht gefährlich gekennzeichnete Abfallart ausgewählt werden, wobei dann von so genannten Spiegeleinträgen gesprochen wird.

Ein Abfall aus einem Spiegeleintrag wird im Abfallverzeichnis als gefährlich eingestuft, wenn dieser Abfall relevante gefährliche Stoffe enthält, aufgrund derer er eine oder mehrere der in Anhang III der Richtlinie 2008/98/EG aufgeführten gefahrenrelevanten Eigenschaften HP1 bis HP8 oder HP10 bis HP15 aufweist. Das Vorliegen der gefahrenrelevanten Eigenschaft HP9 wird angenommen, wenn Abfälle mit gefährlichen Erregern behaftet sind.

Bestimmte persistente organischen Schadstoffe (POP) können nach Nr. 2.2.3 in der Anlage zur AVV ebenfalls zu einer Einstufung als gefährlicher Abfall führen (siehe "Aktuelles zur AVV"). Enthalten Abfälle diese POP oberhalb der Grenzwerte gemäß Anhang IV der Verordnung (EG) Nr. 2019/1021 (POP-Verordnung) in der Fassung vom 20.06.2019, werden diese Abfälle als gefährlich eingestuft

Die Europäische Kommission hat einen Technischen Leitfaden zur Abfalleinstufung (2018/C 124/01) bekannt gemacht (siehe Quellen). Auch die Länderarbeitsgemeinschaft Abfall (LAGA) hat Technische Hinweise zur Einstufung von Abfällen nach ihrer Gefährlichkeit veröffentlicht (siehe Quellen). Die LAGA-Hinweise stellen vereinfachte Grenzwertlisten für den Fall bereit, dass keine genauen Informationen zur stofflichen Zusammensetzung der Abfälle vorliegen, um eine Gefährlichkeitseinstufung nach Anhang III der Richtlinie 2008/98/EG durchführen zu können. Einige Länder haben die LAGA-Hinweise zur Anwendung empfohlen (siehe „Aktuelles zur AVV“) oder planen dies. Neben den LAGA-Hinweisen sind ggf. zusätzliche oder abweichende länderspezifische Anforderungen bei der Abfalleinstufung zu beachten.

Diese Informationen werden derzeit für IPA aufbereitet und sollen zukünftig wieder hier dargestellt werden.
NW - Nordrhein-Westfalen
  Hazard-Check

 

 

Glossar
  CLPClassification, Labelling and Packaging (Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung)
  CLP-VerordnungVerordnung (EG) Nr. 1272/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2008 über die Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von Stoffen und Gemischen, zur Änderung und Aufhebung der Richtlinien 67/548/EWG und 1999/45/EG und zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006; gültig nur in der jeweils aktuellen Fassung auf Grundlage der regelmäßigen Anpassungen an den technischen Fortschritt durch entsprechende Anpassungsverordnungen
  StoffrichtlinieRichtlinie 67/548/EWG des Rates über die Einstufung, Verpackung und Kennzeichnung gefährlicher Stoffe
  WGKWassergefährdungsklasse; Potential von Stoffen und Gemischen, die Eigenschaft von Wasser nachteilig zu ändern; gemäß AwSV: nicht wassergefährdend (nwg), allgemein wassergefährdend (awg), WGK 1 = schwach wassergefährdend, WGK 2 = deutlich wassergefährdend, WGK 3 = stark wassergefährdend
  POPpersistent organic pullutants (langlebige organische Schadstoffe), schwer abbaubare organische Verbindungen, die sich in der Umwelt anreichern, deren Herstellung und Verwendung im Rahmen der Stockholmer Konvention eingeschränkt oder verboten sind (POP-Verordnung)
  HPhazardous property, 15 Gefährlichkeitskriterien aus Anhang III der Direktive 2008/98/EG (Abfallrahmenrichtlinie), die der Einstufung von Abfällen dienen, z. B. explosiv, brandfördernd, entzündbar, reizend, gesundheitsschädlich

 

Quellenverzeichnis
(Quellen, wenn nicht anders angegeben, in der aktuellen Fassung)
  EU - Europäische Union
  DE - Bundesrepublik Deutschland
  BY - Bayern
  HE - Hessen
  NI - Niedersachsen
  NW - Nordrhein-Westfalen
  RP - Rheinland-Pfalz
  SN - Sachsen