IPA - Home > Abfallsteckbrief - 0602 Abfälle aus der Herstellung, Zubereitung, Vertrieb und Anwendung (HZVA) von Basen, Stand 10.06.2010

Herkunft und charakteristische Zusammensetzung

 

 

Herkunft

Allgemein

Die Untergruppe 0602 (Abfälle aus Herstellung, Zubereitung, Vertrieb und Anwendung von Basen) nennt in erster Linie die Basen Calcium-, Ammonium-, Natrium- und Kaliumhydroxid. Als Abfall fallen die Basen nicht in reiner Form an, sondern sind herstellungs- oder anwendungsbedingt verunreinigt. Aufgrund der sehr weit gefächerten industriellen, handwerklichen und sonstigen Anwendung sind Art und Grad der Verunreinigung sehr unterschiedlich, so dass im Rahmen dieses Steckbriefs nicht näher darauf eingegangen werden kann.

060201* Calciumhydroxid

Calciumhydroxid (Ca(OH)2) wird aus gebranntem Kalk (Calciumoxid, CaO) und Wasser gebildet. Die stark exotherme Reaktion wird als Kalklöschen und das entstandene Calciumhydroxid als gelöschter Kalk oder Löschkalk bezeichnet. Bei weiterer Zugabe von Wasser entsteht eine weiße Suspension, die sog. Kalkmilch. Nach Filtration oder Sedimentation dieser Kalkmilch wird eine klare, sehr verdünnte Calciumhydroxid-Lösung erhalten.

Verwendet wird Calciumhydroxid überwiegend als Baustoff bei der Mörtelherstellung und in Form von Kalkmilch als klassisches Fällungs- und Neutralisationsmittel bei der chemisch-physikalischen Abwasserbehandlung sowie bei der Rauchgasentschwefelung. In der Chemischen Industrie finden wässrige Lösungen und Suspensionen überall dort Verwendung, wo preisgünstige Laugen benötigt werden. Weitere Verwendung findet Calciumhydroxid beispielsweise als Anstrichpigment, Frostschutzanstrich für Obstbäume, in der Zuckerindustrie sowie in Gerbereien. In der Regel fällt Calciumhydroxid bei diesen Anwendungsprozessen als pastöser oder flüssiger Abfall an.

060203* Ammoniumhydroxid

Ammoniumhydroxid (NH4OH) liegt in der wässrigen Lösung des Ammoniak (Ammoniakwasser) vor. Ammoniak wird technisch aus Stickstoff und Wasserstoff bei hohem Druck und erhöhter Temperatur mit Hilfe von Katalysatoren hergestellt.

In der Chemischen Industrie ist Ammoniak das Ausgangsprodukt für viele chemische Synthesen, wie beispielsweise die Herstellung von Harnstoff, Sulfonamiden, Düngemittel, Chemiefasern, Blausäure und anderen cyanidischen Verbindungen, Salpetersäure und Nitrate etc. Weiterhin lässt sich Ammoniak zur gleichzeitigen Entstickung und Entschwefelung von Rauchgas einsetzen. In der Regel gehen ammoniakalische Lösungen ganz oder teilweise substanziell in die Endprodukte ein.

060204* Natrium- und Kaliumhydroxid

Die Herstellung der Natronlauge (Natriumhydroxid, NaOH) erfolgt überwiegend über die elektrolytische Zersetzung von wässriger Natriumchlorid-Lösung unter Bildung von Natronlauge, Chlor und Wasserstoff. Festes Natriumhydroxid wird durch Eindampfen der Natronlauge erhalten.
Die Herstellung der Kalilauge (Kaliumhydroxid, KOH) verläuft analog durch Umsetzung von wässriger Kaliumchlorid-Lösung.

Natronlauge wird generell als Neutralisations-, Entfettungs- und Entlackungs- bzw. Abbeizmittel verwendet sowie zur Regenerierung von Ionenaustauscherharzen. In der Chemischen Industrie wird sie für Verseifungsreaktionen und zur Herstellung von Natriumverbindungen verwendet, des Weiteren beispielsweise zur Herstellung von Seifen und Waschmitteln, als Bleichmittel bei der Zellstoffherstellung und zum Bauxitaufschluss bei der Aluminiumgewinnung.
Kaliumhydroxid wird als Trockenmittel, bei der Herstellung von Farbstoffen, Waschmitteln und Seifen sowie Kaliumcarbonat- und Kaliumverbindungen, zur Entschwefelung von Erdöl und als Elektrolyt in Akkumulatoren verwendet.
In der Regel gehen Natrium- bzw. Kaliumhydroxid ganz oder teilweise in die Endprodukte ein.

060205* Andere Basen

Dieser Abfallschlüssel ist eine Auffangposition vorzugsweise für die folgenden anderen Basen:
  • weitere Metallhydroxide (z. B. Barium-, Ammonium- und Magnesiumhydroxid),
  • das sehr umfangreiche Spektrum der organischen Basen (z. B. Amine und Alkaloide) sowie
  • Laugengemische.
Diese basischen Verbindungen fallen überwiegend als Rückstände bei Herstellungs- oder Anwendungsprozessen in der Chemischen und Pharmazeutischen Industrie an und sind aufgrund von Verschleppungen und/oder entsprechend ihrer Verwendung oft mit weiteren Komponenten vermischt (z. B. andere Laugenarten, Komplexbildner, organische Verbindungen).

 

Hinweis
Getrennt gesammelte Laugen 200115* aus Siedlungsabfällen weisen grundsätzlich die im Abfallsteckbrief beschriebene Schadstoffcharakteristik auf. Sie fallen sortenrein oder gemischt in unterschiedlichen Konzentrationen und in kleinen Mengen an.

 

Glossar
  Rauchgasentschwefelungein Verfahren zur Entfernung von Schwefelverbindungen (SO2 und SO3) aus den Abgasen von Verbrennungsanlagen (z. B. Kraftwerken) in der Rauchgasentschwefelungsanlage (REA), auch DeSOx genannt
  Säurenim engeren Sinne alle Verbindungen, die mit Wasser saure Lösungen bilden, d. h. pH-Wert < 7, wobei reines Wasser einen pH-Wert = 7 besitzt (neutral)
  KatalysatorStoff, der die Reaktionsgeschwindigkeit einer chemischen Reaktion beeinflusst, ohne dabei selbst verbraucht zu werden
  Basenim engeren Sinne alle Verbindungen, die mit Wasser basische Lösungen bilden, d. h. pH-Wert > 7, wobei reines Wasser einen pH-Wert = 7 besitzt (neutral)
  Laugenim engeren Sinne wässrige Lösungen von Alkalihydroxiden, z. B. von Natriumhydroxid (Natronlauge) oder Kaliumhydroxid (Kalilauge), im weiteren Sinne jede wässrige Lösung von Basen (pH > 7)