IPA - Home > Abfallsteckbrief - 0901 Abfälle aus der fotografischen Industrie, Stand 22.06.2010

Schadstoffe und gefährliche Eigenschaften

 

 

Schadstoffe

Allgemein

Gebrauchte Entwickler-, Bleich- und Fixierchemikalien enthalten die Wirkstoffe des ursprünglichen Prozessbads sowie deren Umwandlungs- und Zersetzungsprodukte. Bei den Wirkstoffen handelt es sich um organische und anorganische Schadstoffe unterschiedlicher Art und Zusammensetzung, die spezifisch auf den jeweiligen fotochemischen Prozess abgestimmt sind, z. B. C41-Prozess (Farbnegativ-Entwicklung), E-6-Prozess (Herstellung von Diapositiven im Umkehrverfahren) und RA-4-Prozess (Entwicklung von Farb-Abzügen). Die Schadstoffe liegen grundsätzlich als Mischung in der Fotochemikalie vor und können wie folgt gruppiert werden:
  • Schwermetalle, vor allem Silber und seine Verbindungen
  • Organische Schadstoffe, vor allem Entwicklersubstanzen, z. B. Hydrochinon, Phenidon, p-Phenylendiaminderivate und Komplexbildner, z.B. EDTA, PDTA, ADA
  • Anorganische Schadstoffe, z. B. Ammoniumthiosulfat, Natriumdisulfit


Die Umwandlungs- und Zersetzungsprodukte sind nur in begrenztem Maße bekannt, z. B. komplexe Silberthiosulfatverbindungen in Fixierern und Borate in Umkehrbädern. Eindeutige Einstufungen dieser Reaktionsprodukte als Gefahrstoff sind daher nur in bestimmten Fällen möglich. Nachfolgende Anmerkungen beschränken sich auf die wesentlichen in unbenutzten Fotochemikalien enthaltenen Schadstoffe. In Einzelfällen ist auf die Sicherheitsdatenblätter der Hersteller zurückzugreifen.

Bei der Leiterplattenentwicklung fallen zudem verbrauchte organische Lösemittel an, die mit den Fotolackresten verunreinigt sind.

Bei den festen Abfällen sind insbesondere die in Einwegkameras enthaltenen Batterien relevant. Hierbei handelt es sich meist um Knopfzellen mit Schwermetallanteilen, u. a. Quecksilber.

Schwermetalle

Silber fällt überwiegend im Fixier- und Bleichfixierprozess an und liegt zunächst als Silberthiosulfatkomplex vor. Deutlich geringere Konzentrationen an Silber finden sich in der Schlusswässerung. In Bleichbädern entsteht Silberbromid. In der Abwasserbehandlung können insbesondere aus dem Thiosulfat weitere Silberverbindungen entstehen.

Elementares Silber, solange es nicht in Wasser gelöst oder in kolloidaler Form vorliegt, weist keine gefährlichen Eigenschaften auf. Silberbromid ist als schwach wassergefährdend (WGK I) eingestuft (WGK I). Silbersulfat ist als reizend und stark wassergefährdend (WGK III) eingestuft.

Quecksilber ist unabhängig von der vorliegenden Konzentration als akut toxisch, gewässergefährdend eingestuft sowie der WGK 3 zugeordnet.

Anorganische Schadstoffe

In Entwickler-, Fixier- und Bleichchemikalien sind u.a. Natriumhydroxid, Kaliumsulfit, Natriumdisulfit, Tri-Kaliumphosphat zu finden. Diese Stoffe sind meist als reizend und wassergefährdend (WGK 2) eingestuft.

Ammoniumthiosulfat ist als schwach wassergefährdend eingestuft und wird in der Abwasserbehandlung zu Sulfat und Nitrat abgebaut. Die Nitrate begünstigen ebenso wie die Phosphate die Eutrophierung der Gewässer.

Hydroxylaminsulfat ist in Farbentwicklern vorhanden. Diese Substanz ist als gesundheitsschädlich und gewässergefährdend eingestuft. Sie steht im Verdacht auf krebserzeugende Wirkung.

Organische Schadstoffe

Umweltrelevant ist hier insbesondere die SW-Entwicklersubstanz Hydrochinon. Sie ist als gesundheitsschädlich und gewässergefährdend eingestuft und der WGK 3 zugeordnet. Diese Substanz steht im Verdacht auf krebserzeugende Wirkung. In Farbentwicklern befindet sich als aktive Komponente u.a. die alkalische Lösung von p-Phenylendiaminderivate, diese Stoffe sind als akut toxisch und gewässergefährdend eingestuft und ebenfalls WGK 3 zugeordnet.

Die organischen Schadstoffe insgesamt tragen zu einem hohen CSB der zu behandelnden fotografischen Abwässer bei.

Der in der Fotolithografie verwendete Fotolack ist in ausgehärteter Form nicht gefährlich, in nicht ausgehärtetem Zustand ist er in WGK 2 eingestuft. Die im Prozess verwendeten organischen Lösemittel, z. B. Tetra-Methyl-Ammonium-Hydroxid bei Positivlacksystemen und Xylol bei Negativlacken, sind als akut toxisch eingestuft.

Sonstige organische Schadstoffe

In den Fotochemikalien sind in kleinen Mengen Komplexbildner als Kalkbindemittel enthalten. Für den Bleichprozess wichtig sind Eisenkomplexe, wie z. B. Ammonium-Eisen-EDTA. Dieser Komplex ist biologisch nicht abbaubar und wird auch durch Ultrafiltration und Adsorption an Aktivkohle nur unzureichend aus dem Abwasser entfernt.

 

Hinweis
Aufgrund der Zusammensetzung sind fast alle Entwicklerflüssigkeiten als gesundheitsschädlich, gewässergefährdend und teilweise als ätzend eingestuft. Fixier-, Bleich- und Bleichfixierbäder weisen ein geringeres Gefahrenpotenzial auf, jedoch sind einige als ätzend und reizend eingestuft. Im Einzelfall ist auf die Sicherheitsdatenblätter der Hersteller zurückzugreifen.

Bei der Einleitung von Abwasser sind die Vorgaben von Anhang 53 der Abwasserverordnung (AbwV) zu beachten. Die Prozessbäder müssen i. d. R. einer Abwasserbehandlung unterzogen werden. Meist erfolgt die Behandlung von Prozesslösungen extern.

 

Gefährliche Eigenschaften

Gefährliche Abfälle sind in der Abfallverzeichnis-Verordnung (AVV) mit einem Sternchen (*) gekennzeichnet. Von ihnen wird angenommen, dass sie mindestens eine gefahrenrelevante Eigenschaft nach Anhang III der Richtlinie 2008/98/EG besitzen. Einige Abfallarten sind aufgegliedert in gefährliche (*) und in nicht gefährliche Abfälle (sogenannte Spiegeleinträge), bei denen die Einstufung als "gefährlich" vom Gehalt gefährlicher Stoffe abhängig gemacht wird.

Die Regelungen für den Abfallbereich beruhen u. a. auf den Rechtsvorschriften der Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 (CLP-Verordnung) und gelten seit dem 01.06.2015 im europäischen Recht. Im deutschen Abfallrecht ist die AVV durch die Verordnung zur Umsetzung der novellierten abfallrechtlichen Gefährlichkeitskriterien geändert worden (siehe hierzu die Rubrik - Aktuelles zur AVV).

In der folgenden Tabelle wird aus Gründen der Übersichtlichkeit nicht die vollständige Stoffeinstufung dargestellt, die bei Bedarf in Stoffdatenbanken, z. B. Einstufungs- und Kennzeichnungsverzeichnis der ECHA (EU), GESTIS (DE), GisChem (DE), GSBL (DE) oder IGS (NW), verlinkt im Quellenverzeichnis, nachgesehen werden kann.
Schadstoffe Gehalte / Konzentrationen Erläuterungen
Entwickler und Aktivatorenlösungen auf Wasserbasis 090101*
Entwicklerwirksubstanzen, z. B. Hydrochinon, Phenidon, Metol bzw. deren gebrauchsbedingte Umwandlungsprodukte 4 - 10 % Als gesundheitsschädlich und gewässergefährdend eingestuft
Sonstige Bestandteile, z. B. Diethylenglykol Bis 5 % Als gesundheitsschädlich eingestuft
Offsetdruckplatten-Entwicklerlösungen auf Wasserbasis 090102*
Alkalihydroxide 1 - 5 % Enthalten in Plattenentwickler. Als reizend eingestuft und der WGK 1 zugeordnet
Silikate, z. B. Dinatriummetasilikat
Entwicklerlösungen auf Lösemittelbasis 090103*
z. B. Tetra-Methyl-Ammonium-Hydroxid 2 - 4 % Dieser Stoff ist als akut toxisch eingestuft und wirkt ätzend, zusätzlich der WGK I zugeordnet.
Fixierbäder, Bleichlösungen und Bleich-Fixier-Bäder 090104* / 090105*
z. B. Natrium- und Ammoniumthiosulfat 5 - 15 % Dieser Stoff ist nicht gefährlich und mit WGK I eingestuft
Silberverbindungen < 1% Silber wirkt in fein verteilter Form bakterizid; Silberverbindungen können ätzend sein
Komplexbildner, z. B. Ammonium-Eisen-EDTA 15 - 20 % Metallkomplexe können nur schwer aus dem Abwasser entfernt werden; EDTA ist als reizend eingestuft
silberhaltige Abfälle aus der betriebseigenen Behandlung fotografischer Abfälle, Filme und fotografische Papiere, die Silber oder Silberverbindungen enthalten, 090106* / 090107
Silberverbindungen Silber wirkt in fein verteilter Form bakterizid. Silberverbindungen können ätzend sein.
Einwegkameras mit Batterien, die unter 160601, 160602 oder 160603 fallen, 090111*
Quecksilber in der Batterie Bis 44 % (Batteriegewicht) Quecksilber ist akut toxisch, gewässergefährdend sowie der WGK 3 zugeordnet
wässrige flüssige Abfälle aus der betriebseigenen Silberrückgewinnung mit Ausnahme derjenigen, die unter 090106 fallen, 090113*
Komplexbildner, z. B. Ammonium-Eisen-EDTA schwer aus dem Abwasser entfernt werden; EDTA ist als reizend eingestuft

 

Auswertungen aus der Abfallanalysendatenbank ABANDA

In der folgenden Tabelle sind Links zur Abfallanalysendatenbank ABANDA angegeben, mit deren Hilfe Sie Informationen zur chemischen Zusammensetzung der Abfälle erhalten. Zu jeder Abfallart ist in der Tabelle die Anzahl der vorhandenen Analysen angegeben. (Bei weniger als 10 Analysen sind keine sinnvollen statistischen Auswertungen möglich und es wird deshalb nicht nach ABANDA verlinkt).
Abfallarten Anzahl der
Analysen
090101* Entwickler und Aktivatorenlösungen auf Wasserbasis 64   Analytik
090102* Offsetdruckplatten-Entwicklerlösungen auf Wasserbasis 69   Analytik
090103* Entwicklerlösungen auf Lösemittelbasis 1
090104* Fixierbäder 44   Analytik
090105* Bleichlösungen und Bleich-Fixier-Bäder 12   Analytik
090106* silberhaltige Abfälle aus der betriebseigenen Behandlung fotografischer Abfälle 2
090108  Filme und fotografische Papiere, die kein Silber und keine Silberverbindungen enthalten 2

 

 

Glossar
  C41-ProzessStandardprozess für die Farbnegativentwicklung
  E-6 ProzessStandardprozess für die Entwicklung von Umkehrfilmen (Dias)
  RA-4 ProzessStandardprozess für die Farbpositiventwicklung
  EDTAEthylendiamintetraacetat, ein Komplexbildner
  PDTAPropylendiamintetraessigsäure, ein Komplexbildner
  Negativlackpolymerisiert durch Belichtung und einen nachfolgenden Ausheizschritt zur Stabilisierung, so dass nach der Entwicklung die belichteten Bereiche stehenbleiben; Anwendung überwiegend in der Mikrosystemtechnik
  PositivlackLack, der durch Belichtung wieder löslich für entsprechende Entwicklerlösungen wird, so dass nach der Entwicklung nur die Bereiche übrig bleiben, welche durch eine Maske vor der Bestrahlung geschützt sind und somit nicht belichtet werden; Anwendung überwiegend in der Mikrosystemtechnik
  FotolithografieDrucktechnik: ein Verfahren, mit dem fotografische Aufnahmen von einer zu reproduzierenden Vorlage in den Tonwerten korrigiert, auf den Lithografiestein übertragen und zum Druck vorbereitet werden; Halbleitertechnik: Methoden der Halbleiter- und Mikrosystemtechnik zur Herstellung von integrierten Schaltungen
  ADAβ-Alanindiessigsäure, ein Komplexbildner, dessen Eisen-Komplex biologisch leicht abbaubar ist und alternativ zu den biologisch nicht abbaubaren Eisenkomplexen z. B. als Bleichsubstanz eingesetzt wird
  WGKWassergefährdungsklasse; Potential von Stoffen und Gemischen, die Eigenschaft von Wasser nachteilig zu ändern; gemäß AwSV: nicht wassergefährdend (nwg), allgemein wassergefährdend (awg), WGK 1 = schwach wassergefährdend, WGK 2 = deutlich wassergefährdend, WGK 3 = stark wassergefährdend
  CSBchemischer Sauerstoffbedarf, Maß für die Konzentration chemisch oxidierbarer Stoffe im Wasser
  CLPClassification, Labelling and Packaging (Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung)
  CLP-VerordnungVerordnung (EG) Nr. 1272/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2008 über die Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von Stoffen und Gemischen, zur Änderung und Aufhebung der Richtlinien 67/548/EWG und 1999/45/EG und zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006; gültig nur in der jeweils aktuellen Fassung auf Grundlage der regelmäßigen Anpassungen an den technischen Fortschritt durch entsprechende Anpassungsverordnungen
  StoffrichtlinieRichtlinie 67/548/EWG des Rates über die Einstufung, Verpackung und Kennzeichnung gefährlicher Stoffe
  HPhazardous property, 15 Gefährlichkeitskriterien aus Anhang III der Direktive 2008/98/EG (Abfallrahmenrichtlinie), die der Einstufung von Abfällen dienen, z. B. explosiv, brandfördernd, entzündbar, reizend, gesundheitsschädlich

 

Quellenverzeichnis
(Quellen, wenn nicht anders angegeben, in der aktuellen Fassung)
  EU - Europäische Union
  DE - Bundesrepublik Deutschland
  BW - Baden-Württemberg
  BY - Bayern
  BE - Berlin
  BB - Brandenburg
  HB - Bremen
  HH - Hamburg
  HE - Hessen
  NW - Nordrhein-Westfalen
  RP - Rheinland-Pfalz
  SL - Saarland
  SN - Sachsen
  ST - Sachsen-Anhalt
  TH - Thüringen