IPA - Home > Abfallsteckbrief - 1910 Schredderabfälle, Stand 31.10.2011

Schadstoffe und gefährliche Eigenschaften

 

 

Schadstoffe

Der Schadstoffgehalt von Schredderabfällen ist stark abhängig vom Input (z.B. Restkarossen, "Weiße Ware", Mischschrotte) der Schredderanlage. Haupteintragsweg sind Reste von Betriebsflüssigkeiten (z.B. Öle, Kältemittel), Isoliermaterialien und Schutzanstriche sowie nicht abtrennbare Reste von schwermetallhaltigen Legierungen.

Schadstoffe in den Schwerfraktionen 191001, 191002, 191006, 191204
Die beim Schredderprozess anfallenden Schwerfraktionen bestehen überwiegend aus Eisen- bzw. NE-Metallen. Aufgrund der hohen Dichte und der guten Separierbarkeit dieser Fraktionen ist der Schadstoffanteil wesentlich geringer als in den Leichtfraktionen. Die Schwermetalle (z.B. Kupfer, Blei, Zink) liegen in metallischer Form bzw. in Form von Metalllegierungen vor, was eine Einstufung als gefährlichen Abfall nicht rechtfertigt.

Schadstoffe in den Leichtfraktionen 191003*, 191004
Die Leichtfraktionen bestehen überwiegend aus Gemischen mit Kunststoff, Gummi, mineralischen Anteilen resultierend aus Verschmutzungen sowie metallischen Anteilen (z.B. Kabelreste). Die Leichtfraktionen werden mit unterschiedlichen Verfahren aufbereitet, um stofflich oder energetisch verwertbare Fraktionen zu erhalten. Aufgrund der geringeren Dichte und den teilweise hohen Absorptionseigenschaften einiger Inhaltsstoffe (z.B. Schaumstoffe, Gewebe, Papier) werden Reste von den o.g. Betriebsflüssigkeiten bzw. Isolierungen und Schutzanstrichen vermehrt in diesen Fraktionen auftreten. Mit besonders großen Schadstoffanreicherungen muss in Staubfraktionen gerechnet werden. Als organische Schadstoff-Hauptkomponenten liegen i.d.R. vor:
  • Mineralölkohlenwasserstoffe (MKW) aus Kraftstoffresten bzw. Ölen
  • Lipophile Stoffe (Schmierstoffe, Fette)
  • PCB (Trafo- bzw. Hydrauliköle)
  • PAK (Schutzanstriche)
Bedingt durch Reste von wasserlöslichen organischen Betriebsmitteln (z.B. Frostschutzmittel) oder biologische Abbauprodukte von Betriebsmitteln weisen Schredderleichtfraktionen i.d.R. auch einen erhöhten DOC-Gehalt im Eluat auf.

Wegen nicht abtrennbarer Reste von Metallanteilen ergeben sich Schwermetallgehalte im Bereich von ca. 0,1 - ca. 5 %, vornehmlich an
  • Blei
  • Chrom
  • Kupfer
  • Zink,
die im Allgemeinen jedoch nur geringfügig eluierbar sind.

Bei nicht ordnungsgemäßer Schadstoff-Vorentfrachtung können künstliche Mineralfasern (KMF), z. B. aus der Isolierung von Geräten oder Fahrzeugaufbauten in die Schredder-Outputstöme verschleppt werden. Diese Fasermaterialien gelten bei Herstellung vor dem Jahr 2000 als krebsverdächtig.

 

Gefährliche Eigenschaften

Gefährliche Abfälle sind in der Abfallverzeichnis-Verordnung (AVV) mit einem Sternchen (*) gekennzeichnet. Von ihnen wird angenommen, dass sie mindestens eine gefahrenrelevante Eigenschaft nach Anhang III der Richtlinie 2008/98/EG besitzen. Einige Abfallarten sind aufgegliedert in gefährliche (*) und in nicht gefährliche Abfälle (sogenannte Spiegeleinträge), bei denen die Einstufung als "gefährlich" vom Gehalt gefährlicher Stoffe abhängig gemacht wird.

Die Regelungen für den Abfallbereich beruhen u. a. auf den Rechtsvorschriften der Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 (CLP-Verordnung) und gelten seit dem 01.06.2015 im europäischen Recht. Im deutschen Abfallrecht ist die AVV durch die Verordnung zur Umsetzung der novellierten abfallrechtlichen Gefährlichkeitskriterien geändert worden (siehe hierzu die Rubrik - Aktuelles zur AVV).

In der folgenden Tabelle wird aus Gründen der Übersichtlichkeit nicht die vollständige Stoffeinstufung dargestellt, die bei Bedarf in Stoffdatenbanken, z. B. Einstufungs- und Kennzeichnungsverzeichnis der ECHA (EU), GESTIS (DE), GisChem (DE), GSBL (DE) oder IGS (NW), verlinkt im Quellenverzeichnis, nachgesehen werden kann.
Schadstoffe Gehalte / Konzentrationen Erläuterungen
Schredderleichtfraktionen und Staub - 191003*/191004
MKW teilweise > 8.000 mg/kg aus Mineralölen, Treibstoffresten, Schmierfetten, anderen organischen Betriebsstoffen
PCB i.allg. < 50 mg/kg aus Trafo- und Hydraulikölen
PAK i. allg. < 100 mg/kg aus Schutzanstrichen, Beschichtungen
Schwermetalle ca. 0,1-5 % aus allen Inputströmen

 

Auswertungen aus der Abfallanalysendatenbank ABANDA

In der folgenden Tabelle sind Links zur Abfallanalysendatenbank ABANDA angegeben, mit deren Hilfe Sie Informationen zur chemischen Zusammensetzung der Abfälle erhalten. Zu jeder Abfallart ist in der Tabelle die Anzahl der vorhandenen Analysen angegeben. (Bei weniger als 10 Analysen sind keine sinnvollen statistischen Auswertungen möglich und es wird deshalb nicht nach ABANDA verlinkt).
Abfallarten Anzahl der
Analysen
191002  NE-Metall-Abfälle 1
191003* Schredderleichtfraktionen und Staub, die gefährliche Stoffe enthalten 1240   Analytik
191004  Schredderleichtfraktionen und Staub mit Ausnahme derjenigen, die unter 19 10 03 fallen 127   Analytik
191005* andere Fraktionen, die gefährliche Stoffe enthalten 60   Analytik
191006  andere Fraktionen mit Ausnahme derjenigen, die unter 19 10 05 fallen 4

 

Einstufung von Abfällen in gefährliche bzw. nicht gefährliche Abfälle

Die Abfallverzeichnis-Verordnung (AVV) enthält 842 Abfallarten, davon sind 408 als gefährlich eingestuft und mit einem Sternchen (*) gekennzeichnet. Allerdings wird nur ein Teil dieser Abfallarten als absolut gefährlich eingestuft. Bei 180 dieser gefährlichen Abfallarten kann alternativ auch eine als nicht gefährlich gekennzeichnete Abfallart ausgewählt werden, wobei dann von so genannten Spiegeleinträgen gesprochen wird.

Ein Abfall aus einem Spiegeleintrag wird im Abfallverzeichnis als gefährlich eingestuft, wenn dieser Abfall relevante gefährliche Stoffe enthält, aufgrund derer er eine oder mehrere der in Anhang III der Richtlinie 2008/98/EG aufgeführten gefahrenrelevanten Eigenschaften HP1 bis HP8 oder HP10 bis HP15 aufweist. Das Vorliegen der gefahrenrelevanten Eigenschaft HP9 wird angenommen, wenn Abfälle mit gefährlichen Erregern behaftet sind.

Bestimmte persistente organischen Schadstoffe (POP) können nach Nr. 2.2.3 in der Anlage zur AVV ebenfalls zu einer Einstufung als gefährlicher Abfall führen (siehe "Aktuelles zur AVV"). Enthalten Abfälle diese POP oberhalb der Grenzwerte gemäß Anhang IV der Verordnung (EG) Nr. 2019/1021 (POP-Verordnung) in der Fassung vom 20.06.2019, werden diese Abfälle als gefährlich eingestuft

Die Europäische Kommission hat einen Technischen Leitfaden zur Abfalleinstufung (2018/C 124/01) bekannt gemacht (siehe Quellen). Auch die Länderarbeitsgemeinschaft Abfall (LAGA) hat Technische Hinweise zur Einstufung von Abfällen nach ihrer Gefährlichkeit veröffentlicht (siehe Quellen). Die LAGA-Hinweise stellen vereinfachte Grenzwertlisten für den Fall bereit, dass keine genauen Informationen zur stofflichen Zusammensetzung der Abfälle vorliegen, um eine Gefährlichkeitseinstufung nach Anhang III der Richtlinie 2008/98/EG durchführen zu können. Einige Länder haben die LAGA-Hinweise zur Anwendung empfohlen (siehe „Aktuelles zur AVV“) oder planen dies. Neben den LAGA-Hinweisen sind ggf. zusätzliche oder abweichende länderspezifische Anforderungen bei der Abfalleinstufung zu beachten.

Diese Informationen werden derzeit für IPA aufbereitet und sollen zukünftig wieder hier dargestellt werden.
NW - Nordrhein-Westfalen
  Hazard-Check

 

 

Hinweis
Die Abgrenzung gefährlich / nicht gefährlich kann nach den Vollzugshinweisen des BMU zur AVV getroffen werden. Hier werden folgende Konzentrationsgrenzen explizit für die Spiegeleinträge genannt:
  • MKW > 8.000 mg/kg
  • PCB > 50 mg/kg (Gesamtgehalt)
  • Schwermetalle s. Nr. 4.2.2 (Gefahrstoffrecht)
    • Der Nachweis, dass die Schwermetalle in elementarer Form bzw. als Legierungsbestandteil vorliegen, muss für die Beurteilung der Nicht-Gefährlichkeit erbracht werden.
    • Für den eluierbaren Anteil an Schwermetallen und Fluorid kann Anhang III der BMU-Vollzugshinweise herangezogen werden. Diese orientieren sich an den Zuordnungswerten für DK-II-Deponien der Deponieverordnung.
  • PAK 0,1 % Gesamtgehalt (als Summe der 16 EPA-PAK) bzw. 50 mg/kg Benzo(a)pyren (Einzelstoff), s. Nr. 4.2.1
Das Erreichen dieser Konzentrationsgrenzen ist abhängig vom Input der Anlage und deren Aufbereitungstechnik. Bei Schredderanlagen mit "üblichem" Input (nach dem Stand der Technik schadstoffentfrachtete Abfälle) werden die Grenzwerte normalerweise nicht überschritten.

Entsprechende landesspezifische Regelungen zur Einstufung sind zu beachten.

 

Glossar
  PCBpolychlorierte Biphenyle, Stoffgruppe mit 209 Verbindungen, die früher u. a. in Trafo-, Wärmeträger- und Hydraulikölen sowie Weichmachern enthalten waren, unterfallen der POP-Verordnung (im Anhang I bzw. IV aufgeführt), da sie chronisch toxisch, bioakkumulierbar und persistent sind
  PAKpolycyclische aromatische Kohlenwasserstoffe aus mindestens zwei verbundenen aromatischen Ringen, die überwiegend bei unvollständiger Verbrennung entstehen (oft angelagert an Ruß) und meist eine hohe Toxizität und Persistenz aufweisen, z. B. Benzo[a]pyren
  MKWMineralölkohlenwasserstoffe, Summenparameter für Kettenlängen C10 - C 40 in der Abfallanalytik, enthalten in Benzin, Diesel, Heizöl und Schmierölen, auch als KW abgekürzt
  KMFkünstliche Mineralfasern, synthetische, anorganische Fasern, kristallin oder glasartig, wie z. B. Dämmwolle aus Glas oder Gestein, Endlosglasfasern, Keramikfasern; biobeständige und lungengängige Fasern können Krebs erzeugen
  Weiße WareElektro-Haushaltsgeräte wie Waschmaschinen, Kühl- und Gefrierschränke, Herde, Staubsauger, Kaffeemaschinen, Mikrowellen
  HPhazardous property, 15 Gefährlichkeitskriterien aus Anhang III der Direktive 2008/98/EG (Abfallrahmenrichtlinie), die der Einstufung von Abfällen dienen, z. B. explosiv, brandfördernd, entzündbar, reizend, gesundheitsschädlich

 

Quellenverzeichnis
(Quellen, wenn nicht anders angegeben, in der aktuellen Fassung)
  EU - Europäische Union
  DE - Bundesrepublik Deutschland
  BW - Baden-Württemberg
  BY - Bayern
  BE - Berlin
  BB - Brandenburg
  HB - Bremen
  HH - Hamburg
  HE - Hessen
  NI - Niedersachsen
  NW - Nordrhein-Westfalen
  RP - Rheinland-Pfalz
  SL - Saarland
  SN - Sachsen
  ST - Sachsen-Anhalt
  TH - Thüringen